Die Wienwahl-Shitshow

Also wir haben eine regierende SPÖ, für die es in Wien keinerlei Probleme gibt und alles superfein ist. Und zwar so superfein, dass sie auch bei den übelsten Menschenrechtsverletzungen nicht darüber nachdenkt ihre Kooperationspartner bei den türkischstämmigen Faschisten zu wechseln.

Aber allgemein ist das Bild bei der Wienwahl nicht hübsch. Das Profil schreibt: „Drei von sieben Wiener Spitzenkandidaten und ein Bezirkschef werden von der Justiz als Beschuldigte oder Angeklagte geführt. Der Wahlkampf läuft trotzdem weiter, als wäre nichts passiert.“ Unter den Beschuldigten ist auch Ernst Nevrivy, ein Bezirkschef der SPÖ. „Ihm wird vorgeworfen, Insiderinformationen über Bauvorhaben der Stadt an die Wienwert-Manager durchgestochen zu haben – sodass diese einen Wettbewerbsvorteil beim Kauf von Grundstücken hatten, die später im Wert stiegen. Als Gegenleistung soll Nevrivy VIP-Tickets für Fußballspiele erhalten haben.“ Dabei ist Nevrivy theoretisch auf Bewährung, war er doch bereits einer der Hauptdarsteller in der Kleingartenaffäre Ende 2023.[1]

Aber die Alternativen sind auch mau. Eine „Opposition“ unter Anführungszeichen.

Eine ÖVP, die als Wienfiliale der „Huren der Reichen“ die Sperrung der Bundesgärten für die Wiener während Corona mitgetragen hat. Die elitär und spießbürgerlich die Nase rümpft über Arme und neue Wiener und ständig an der Grenze zum offenen Rassismus kampagnisiert. Etwa bei der „Besichtigung“ des Brunnenmarktes usw. Deren Vorsitzender Karl Mahrer wurde, laut Profil, „im Februar von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Causa um die insolvente Immobiliengesellschaft Wienwert angeklagt“. Kandidieren tut er natürlich trotzdem. Anstand sollen gefälligst die anderen haben. Damit Leistung (ob tatsächlich getätigte, oder auch nur symbolische) sich wieder auszahlt.

[Achtung! Triggerwarning für Kapitalismusfans!!] Die NEOS sind Neo(liberale). Wobei der Fokus auf Neo und nicht auf liberal liegt. Liberal sind sie nur, wenns den Interessen des Kapitals entspricht. Aber, wer braucht eine Partei die auf Landesebene die Interessen von globalen Kapitalisten umsetzen will? Die im Wahlprogramm auf Unternehmensseite Deregulierung und auf Arbeitnehmerseite Flexibilität durchsetzen will? Die eine Schuldenbremse fordert, statt [Trigger incoming!!!] das gute Leben für alle und dabei Pensionen und Sozialbezüge kürzen will, und noch dazu die Leerstandsabgabe ablehnt?

Nicht einmal auf die FPÖ kann man sich mehr verlassen. Für Wählerstimmen schämt sie sich nicht mit türkischen und sonstigen minoritären Faschisten zu kooperieren. Darüber hinaus, wen wunderts, laufen gegen Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp, laut Profil, Ermittlungen in der blauen Spesenaffäre, aber wie das so ist, wenn man Geld und Einfluss hat, zieht sich das Verfahren bereits seit der Wien-Wahl 2020.

Der Strache ist wieder zurück. Ich mein, das ist selbsterklärend. Nur hat er weder „Sagen aus Wien“ (Wienwahl 2010) im Gebäck, noch wirkt sein Charme so frisch wie damals.

Dann gibt es noch eine von Austrotürken dominierte Partei namens SÖZ, die bewusst antisemitische Stimmung schürt, indem ständig der Nahostkonflikt ins Gespräch gebracht wird, egal um welches Thema es geht. Deren Ableger namens „Liste Gaza“ mit klarer Pro-Hamas und Anti-Israel Agenda auftritt und die Frage aufwirft: Was hat eine Partei mit thematischem Fokus auf „Gaza“ im Gemeinderat in Wien zu suchen? Aber abgesehen davon dürften sie auf dem Standpunkt Erdogans stehen, der einmal bekanntermaßen verlautbart hat Integration sei Assimilation. Denn sie votieren, gemeinsam mit den Grünen, dafür, etwa bei der Führerscheinprüfung auf Deutsch als Prüfungssprache zu verzichten. Das Argument für die Prüfung in weiteren Sprachen, die „Sprachbarriere erschwer(e) den Zugang zum Arbeitsmarkt“, klingt zunächst ganz gut, denn natürlich gibt es Jobs, bei denen ein Führerschein notwendig ist. Aber gibt es nicht viel mehr Jobs bei denen zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache absolut notwendig sind? Und sollte nicht jeder, der hier lebt und mit dem Auto fährt, Deutsch so weit beherrschen, dass er sich in einer Verkehrskontrolle verständlich machen kann? Hier wird Klientelpolitik unter dem Deckmantel der offenen Gesellschaft betrieben. Ein Bärendienst für das gelingende Zusammenleben aller Österreicher.

Und dann gibt’s natürlich noch den Zusammenschluss der Linken, wo sich alle versammeln, die in Wien ohnehin nicht gewählt werden. Die betreiben zwar eine achtbare Sozialpolitik und sind bei weitem die am wenigsten korrupte, sowie authentisch glaubwürdigste Ansammlung von politisch aktiven Individuen mit einer klaren Einstellung zur politischen Arbeit. Aber gleichzeitig haben da viele Mitglieder, vor allem von der KPÖ, in Bezug auf wichtige politische Themen, vermutlich inspiriert durch Jahre der RT-Propaganda, völlig den Faden verloren und äußern sich dementsprechend. Da gibt es den dummpazifistischen Putin-Fetischismus, der den imperialen Eroberungskrieg, den Russland in der Ukraine führt, als legitime Abwehr von NATO und Kapitalismus wahrnimmt und im Grunde der Meinung ist, dass jeder, der vor dem Einmarsch einer faschistischen Armee nicht sofort kapituliert ein „Kriegstreiber“ ist. Der also nicht nur eine saftige Täter-Opfer-Umkehr betreibt, sondern auch irgendwie der Meinung zu sein scheint, der putin‘sche Gangsterkapitalismus wäre eine Antwort auf den demokratisch und rechtstaatlich zumindest minimal eingehegten Kapitalismus in Westeuropa. Gleichzeitig (!) (und das ist besonders makaber) herrscht bei manchen der vollausgeprägte antiimperialistischen Wahn vor, der beim Krieg Israels gegen die Hamas, entgegen der Position zur überfallenen Ukraine, die Kriterien zur Bestimmung von Täter und Opfer diametral gegenteilig vornimmt. Täter ist natürlich der jüdische Staat.

Für die gute Sozialpolitik nimmt man also eine Partei in Kauf, deren Mitglieder teilweise unklare Positionen zum Existenzrecht Israels und der Ukraine und der Sicherheit von Juden in Wien haben. Und sich irgendwie nicht so recht zum demokratischen Rechtstaat bekennen wollen, weil der das Kapitalverhältnis aufrechterhält. Eine theoretische Position, die vom Minimum an Freiheit absieht, um die Möglichkeit der Revolution nicht aus den Augen zu verlieren? Eine Position jedenfalls, die unterschlägt, dass es schon einen Unterschied macht, wo diese Regimekritik geäußert wird. In Putins Russland stürzt man für solche Äußerungen über die lokale Herrschaft mit einer schweren Vergiftung aus dem Fenster eines Wolkenkratzers. Oder wird, so wie die 19-jährige Darya Kozyreva für das Verfassen eines Gedichtes drei Jahre in ein Straflager gesperrt. In Österreich kandidiert man für den Landtag. Wo wir dann schon wieder bei der KPÖ wären. Und die wirbt bekanntlich mit dem Slogan „Ludwig g ́winnt eh“.

Den Wandel hats zerlegt. Der muss seine weitgehend passablen politischen Ansätze im Linksverband verwässern, damit er überhaupt irgendwo auf der Liste steht.

Und die Grünen. Ja also die Grünen. Was soll ich sagen? Die Vassilakou haben sie überlebt. Den Chorherr sind sie losgeworden. Den Öztas haben sie suspendiert. Die Schilling hat nach oben versagt und ist deshalb auch nicht mehr ihr Problem. Nebenbei machen sie die schönsten Radwege und pflanzen Bäume. Ich mag auch Fußgängerzonen, und ich möchte das mittelfristig alle Autos aus der Stadt verschwinden. Aber machen mich die Grünen deshalb glücklich? Nein. Sie schauen nur gut aus, weil der Rest der politischen Landschaft in Wien völlig daneben ist.


[1] Alle Infos zu korrupten Wiener Politikern aus Profil: https://www.profil.at/oesterreich/skandal-egal-bei-der-wien-wahl-kandidieren-viele-beschuldigte/403032224