Podcast: Die Philosophie des Weines

Wein mag für manche die alkoholische Quelle für die abendländischen Zivilisation sein. So gründete schon August der Starke, König in Polen – und Kurfürst von Sachsen – die „Gesellschaft zur Bekämpfung der Nüchternheit“. Am 13. März 1728 wurde der Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. Mitglied in dieser Gesellschaft und es heißt – schreibt Peter Richter in „Über das Trinken“ – dass es tatsächlich zwischen Preußen und Sachsen in dieser Zeit friedlicher geworden seien soll. Vom griechischen Gott des Weines Dionysos bis zu Platons Symposion – welches auch als „Trinkgelage“ übersetzt werden kann – ist der Alkohol in der europäischen Kultur stark verwurzelt. „Ein Philosoph, der Wasser trinkt? Das hätten die Griechen nicht gewollt“, schreibt Frederic Pages (Frühstück bei Sokrates 64).

Eine besondere Beziehung haben nicht nur die Philosophen, sondern auch Autoren zum Alkohol. Dabei scheint es egal zu sein, ob sie aus Europa oder Amerika stammen. „Die erste Entdeckung, die ich als Forscher machte, war die Erkenntnis, dass Schriftsteller sehr viel trinken – womöglich mehr als irgendjemand sonst. Sechs amerikanische Nobelpreisträger für Literatur gab es, und vier davon waren Alkoholiker“, schreibt Donald W. Goodwin im Buch „Alkohol & Autor“. Edgar Allan Poe, F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway befanden sich ebenfalls im „Club der trinkenden Autoren“, wie Eugene O´Neill oder Malcom Lowry. Auch Charles Bukowski behauptet sich im Feld der literarischen Trinker, sich „einen antrinken, um in den Flow zu kommen.“

Ela und Stefan haben sich zu diesem Thema extra schwer betrunken. Das Ergebnis könnt ihr in einem weinseligen Podcast hören, in dem sich die Themen von Wein gegen Krieg und Arbeit bis zum Weintrinken in der EU spannen. Ein Hoch auf die internationale Getränkequalität! (Deichkind) Prost!

Podcast: Vor Alkoholismus ist man nur auf dem Mond sicher

Ein Gespräch wie ein frozen conflict. Lachen das ohne Witze auskommt. Wenn wir uns unterhalten bleibt kein Sitzkissen trocken. Der ultimativ zache Podcast gegen die zarte Wirklichkeit.

Ela: Nachdem sich unser geschätztes Publikum ein Kochspecial gewünscht hat, möchten wir dieses Jahr – ein Jahr danach – dieses Special für unser geschätztes Publikum einlesen.

Stefan: Wir haben vor einem Jahr, oder vor eineinhalb Jahren, über Essen einen Beitrag für unseren Blog gemacht und wir wollen gerne wieder über Essen reden. Wir werden dazu Teile unseres Blogs verwenden, weil sich die gut anbieten. Wir werden sie mit gekünstelter Stimme vorlesen, weil wir Zitate daraus verwenden. Wir nennen es ein Mashup.

Hier der Text zum Podcast: Unter Genießerinnen

Unter Herausgeberinnen 3. Männer + Hoden + YouTube + Gewalt – Teil 2

Link zu Teil 1

Link zu Teil 3

Stefan: Der Weininger überrascht mich nicht. Aber das mit dem Schopenhauer hat mich jetzt doch verblüfft. Ist der dumm?

Ela: Inzwischen ist er tot. Sonst hätt ich ihn gefragt. Der Weininger hat aber den Schopenhauer in seinem Buch gern zitiert.

Stefan: Der Weininger ist auch schon tot. Der hat sein Leben selbst beendet, wie ihm bewusst geworden ist, dass er als theoretischer Antisemit ja praktisch selber Jude ist.

Ela: Dem Weininger war besonders wichtig herauszuarbeiten, dass es „Rassen“ gibt, bei deren Männern man „selten eine Annäherung an die Idee der Männlichkeit findet“. Natürlich ist das für ihn kein Anreiz seine Idee der Männlichkeit zu hinterfragen. Das Judentum war für Weininger besonders gefährlich, insofern, als seine Existenz Weiningers Theoriekartenhäusl als solches zu bedrohen schien. Aber, wie er beteuert, spricht er nicht über einzelne Menschen oder gar die Gruppe, sondern lediglich die „platonische() Idee des Judentums“. Denn dieses ist ihm zufolge „durchtränkt“ von „Weiblichkeit“. Weininger legt nun dar, worin die Frauen und die Juden sich ähneln. Ihnen fehlt es an der Kant’schen Vernunft, es mangelt ihnen an Persönlichkeit. Beide haben kein Ich und „keinen Eigenwert“. Die geringere Kriminalitätsrate schafft Weininger so zu deuten, dass beide relativ amoralisch seien, weder besonders gut, noch besonders böse. Es fehlt ihnen an Größe, sie leben beide nicht als Individuen, sondern stets „in der Gattung“, in ihrer Familie und auf ihre Sexualität reduziert, sind gleichzeitig aber nicht zu richtiger Liebe oder erfüllender Sexualität fähig. „Juden und Weiber sind humorlos, aber spottlustig.“ Darum ist es nur konsequent, dass beide der Satire zugeneigt sind, die bekanntlich intolerant ist und damit „der eigentlichen Natur des Juden wie der des Weibes“ entspricht. Juden und Frauen „sind nichts, und können eben darum alles werden“. Hier liegt aber der Unterschied, denn „Die Frau ist die Materie, die passiv jede Form annimmt.“ Im Gegensatz dazu passt sich der Jude an, er „assimiliert sich allem und assimiliert es so sich“. Zwar glauben beide nicht an sich selbst, aber die Frau glaubt zumindest an den Mann, der Jude an nichts. „Innerliche Vieldeutigkeit (…) ist das absolut Jüdische (…)“.

Hitler bezeichnete später die Emanzipation der Frau als „vom jüdischen Intellekt erfundenes Wort“, dessen Inhalt „von demselben Geist geprägt“ war. Die Frauenbefreiung, neben Kommunismus, Kapitalismus, Intellektualismus, und eigentlich eh allem, ist damit wieder das Werk der intriganten Juden.

Stefan: Die Argumentation kenne ich mit entschärftem Vokabular auch von heutigen Reaktionären. Der Begriff „Kulturmarxismus“ muss da auch für alles was einem Ungustl, schwul, dekadent, verdorben, überemanzipiert erscheint, herhalten.

Ela: Delphine Horvilleur zeigt in ihrem Essay „Überlegungen zur Frage des Antisemitismus“ diese Verknüpfungen zwischen Antisemitismus und Misogynie auf. Das Stereotyp des Juden ist ein effeminierter, weibischer Mann, schwach, hysterisch und manipulativ, mit ausgeprägtem Interesse am Geld. Bereits im Mittelalter behauptete man jüdische Männer bluteten monatlich aus Nase oder After, menstruierten um das „Blut Christi zu sühnen“. Horvilleur zufolge entspricht die Fähigkeit, mit dem Mangel und der Unvollständigkeit zu leben im jüdischen Denken dem Weiblichen. In den Schriften beschränkt sich die politische Macht von Juden und Frauen auf das Wort. Sie können nur durch Gewitztheit und Wortgewandtheit Einfluss nehmen. Dieser (Ein)schnitt „sorgt für Diskontinuität“. Sigmund Freud hat die Kastrationsangst als „tiefste unbewußte Wurzel des Antisemitismus“ bezeichnet. Der Mangel, die Unvollständigkeit bedroht eine imaginierte „intakte Identität“ des Antisemiten.

Stefan: Frauenhass und Judenhass dürften sich gut ergänzen. Der Attentäter von Halle war bekanntermaßen für beides zu haben. Es muss ein eigenartiges Lebensgefühl sein, wenn man einer Ideologie anhängt, die besagt, dass man selber allen anderen überlegen ist. Und dann wohnt man aber als Mitte 30-jähriger noch im Kinderzimmer und Mami macht den Haushalt. Gerhard Scheit schreibt in seiner Analyse der Dramaturgie des Antisemitismus, dass mit dem Christentum die Heuchelei in die Welt kommt. Als „Systematik von Weltanschauung und Lebensführung“. Jesus vertreibt die Händler aus dem Tempel. Die müssen seither so tun, als würden sie nicht Handel treiben. Die Reichen müssen seit dem Spruch mit dem Nadelöhr so tun, als wären sie nicht reich. Aber auch die Frau als der „Inbegriff des gehandelten Reichtums“ soll im Christentum behandelt werden als gäbe es sie nicht. Wir sind nicht nur Erben der Griechen, sondern auch des Christentums.

Ela: Das hat sich ja auch nicht mit Ruhm angepatzt, was Misogynie betrifft. Juden und Frauen (Hexen) wurden zum Beispiel im Mittelalter abwechselnd für Brunnenvergiftungen, Ernteschäden, Fehlgeburten, etc. verantwortlich gemacht. Das mittelalterliche Hexenstereotyp basiert tatsächlich auch auf antisemitischen Vorurteilen, auch begrifflich (zb. Sabbat) wird das deutlich. Von allein sind die Hexen zum Zauber aber natürlich nicht fähig, sie sind vielmehr Werkzeug von Dämonen, mit dem sie einen Pakt eingegangen sind, wie der „Hexenhammer“ (Malleus Maleficarum) klarstellt. Und um wirksam werden zu können, bedarf es natürlich auch der „göttlichen Zulassung“. Den freien Willen aber kann der Teufel nicht umgehen, die Entscheidung liegt damit noch immer bei den Menschen, bzw. in ihrer Disposition begründet. Hierin liegt auch der Grund, warum Frauen eher Hexen werden, als Männer. Denn: „Zwei Arten von Tränen werden in den Augen der Frau [bereit] gehalten, die des wahren Schmerzes und die der Hinterlist. Sinnt eine Frau allein, dann sinnt sie auf Böses“. Frauen neigen eher zum Unglauben, da es ihnen an Verstand fehlt. Sie neigen eher zu Lüge, Zorn, Unduldsamkeit, Habsucht, sexueller Zügellosigkeit und verführen zur Sünde.

In „Caliban und die Hexe“ befasst sich Silvia Federici mit der Bedeutung der Hexenverfolgung für die Entwicklung kapitalistischer Verhältnisse. Im Prozess der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise kam es zur Privatisierung des Allgemeingutes, Enteignung von Bauern und Zerstörung bäuerlicher Dorfgemeinschaften. Mit Hilfe der dadurch vefügbar gewordenen Billigarbeitskräfte konnte man die Macht der städtischen Zünfte brechen. Viele Arbeiten konnten nun in Heimarbeit verrichtet werden. Es kam zur Polarisierung von Produktion und Reproduktion auf geschlechtlicher Grundlage. Hausarbeit wurde synonym mit (abwertend) Frauenarbeit, diese wurde zunehmend entwertet und unsichtbar gemacht. Da die kapitalistische Produktionsweise eines ständigen Nachschubs an Arbeiterinnen bedurfte, wurde politisch auf Bevölkerungswachstum gesetzt. Das versuchte man mit pro-natalistischer Politik zu erreichen. Dies bedeutete die vermehrte Kontrolle und Disziplinierung der weiblichen Sexualität. Als Höhepunkt dieser Kontrolle gilt für Federici die Hexenverfolgung, die zwar kirchlich sanktioniert und ideologisch unterfüttert, aber eine staatliche Initiative war. Sie führten zur Polarisierung des Proletariats auf geschlechtlicher Basis und Zerstörung von Glaubensvorstellungen die sich nicht mit der kapitalistischen Arbeitsdisziplin vereinbaren ließen. Mehrheitlich handelte sich bei den Angeklagten um ärmliche Frauen. Ihre Verfolger waren ranghohe Mitglieder der Gemeinschaft. 80% der Getöteten waren Frauen, viele davon Hebammen und Heilerinnen. Die gesellschaftliche Macht von Frauen sollte gebrochen, die Widerspenstigen gezähmt werden.

Aber der Vorwurf der Hexerei war auch keine Neuerfindung des Mittelalters. Wenn wir an das Byzantinische Reich denken: In Alexandria hat die Philosophin Hypatia gelebt, die übrigens einen tadellosen Ruf hatte, was ihre Tugendhaftigkeit anging. Sie war aber eine Freundin vom ägyptischen Statthalter Orestes. Leider ist dann Kyrill Bischof von Alexandria geworden und sein Hobby war die Jagd nach Ketzern. Nachdem Kyrill mithilfe eines Mobs die Juden aus der Stadt vertrieben hat, hat Orestes dagegen Einspruch erhoben. Die Anhänger von Kyrill hatten dann natürlich gleich eine Erklärung parat, weshalb Orestes sich gegen Kyrill gestellt haben könnte. Hypatia musste Orestes wohl verhext haben. Sie war eine Hexe und ist einen Pakt mit dem Teufel eingegangen. Darauf hat ein Mob die Akademie Hypatias attackiert, sie in die Kirche Kaisarion gezerrt, ausgezogen, man häutete sie mit Austernschalen und riss sie in Stücke um sie dann zu verbrennen.

Stefan: Furchtbar. Wer denkt sich sowas aus? Gibt es da nicht auch in der Bibel so eine Situation die paradox ist, weil Eva als Frau ja dem Mann per Schöpfung aus der Rippe untergeordnet ist und nur seinen Willen auszuführen hat, aber dann schuld ist, dass er den Apfel isst? Also wie kann sie schuld sein, wenn sie nichts zu entscheiden hat?

Ela: In der Bibel wird der Frau (Eva) ja nach dem Sündenfall von Gott auch die schmerzhafte Geburt auferlegt, als Strafe für den Regelverstoß. Noch dazu hat sie Adam überredet die verbotene Frucht zu essen, die deppate Sau. Die Menstruation ist ebenfalls Teil dieser Strafe. Aber das ist ja wieder nur eine Abwandlung vom Mythos der Pandora. Musst du dir mal vorstellen, die erste menschliche Frau wird von Hephaistos aus Lehm geformt als „schönes Übel“ und auf die Erde geschickt um die Menschheit zu quälen, als Strafe dafür dass sie zuerst von Prometheus erschaffen wurde, der im Anschluss dann noch den Göttern das Feuer stielt um es seinen Schützlingen zu geben. Pandora bekommt eine Büchse mitgeschickt, vor der man sie warnt sie zu öffnen, und ist dann natürlich so neugierig, dass sie sie doch öffnet und damit das Unheil über die Menschheit bringt.

Stefan: Bei Hans Blumenberg gibt es einmal diesen interessanten Satz, dass zwischen den Büchern und der Wirklichkeit eine alte Feindschaft besteht. Das Geschriebene der heiligen Texte dient zur Schwächung der Authentizität der Erfahrung. Dabei gibt es auch Stellen in der Bibel, die mittlerweile nach „Kill Bill“ klingen. Judith ist jedenfalls ein ziemliches bad girl, wenn sie Holofernes den Kopf abtrennt und damit die Hebräer rettet. Aber das wird sie dann in unzähligen Werken der Populärkultur büßen müssen, wie Alfred Pfabigan in seiner Edition der Apokryphen ergänzt. Das klingt als hätt sichs ein Wiener ausgedacht. Der Weininger war jedenfalls Wiener. In Österreich geht’s aber schon länger nicht mehr um Theorie, sondern auch wieder vermehrt um die Praxis, wenn‘s um Gewalt gegen Frauen geht.

Ela: Ich kann mich erinnern, ich glaube 2020 hat in Österreich so angefangen, dass gleich zu Jahresbeginn ein paar Frauen von ihren (Ex-)Partnern ermordet wurden und man begonnen hat medial die Frauenmorde zu zählen. Jeden Tag stand eine neue Frau in der Zeitung, begleitet von Zeilen wie „Schon der …. Frauenmord 2020…“ Dieses Jahr war ja eher coronalastig, aber da hat man sich auch so ein wenig Sorgen um die häusliche Situation gemacht und überlegt ob das im Lockdown nicht problematisch werden könnte, wenn da alle auf kleinem Raum zusammen gepfercht herumsitzen. Aber jetzt sind wir eh wieder beim Zählen angelangt. Nummer 12 haben wir, denk ich, inzwischen.

Stefan: Ich hatte den ersten Lockdown auch auf 38 Quadratmetern. Das war zu dritt und mit Homeoffice nicht leiwand. Und da hat die feine Christenpartei ja auch noch die Bundesgärten gesperrt. Wo man mittlerweile genau weiß, dass es pure Schikane war. Das sollte ihnen ganz Wien niemals verzeihen. Aber ich war noch nicht so weit, dass ich auf Mord zurückgegriffen hätte. … Bei ein paar Nachbarn vielleicht.

Ela: Jetzt hat ja in den letzten Wochen wieder ein Wiener seine Freundin umgebracht. Die hat zuerst die Polizei gerufen, weil er gewalttätig war. Sie wurde im Krankenhaus versorgt und ist dann wieder nachhause gegangen. Er war abgängig, die Polizei konnte ihn aber nicht finden. Inzwischen hat er sie zuhause erstochen. Auf Facebook konnte man dann Kommentare lesen wie „Sicher schlimm. Aber wenn man von der Regierung fast ein Jahr in eine enge Wohnung gesperrt wird, der Arbeit und Zukunft beraubt wird ohne Lichtblick auf Besserung. Das ganze ohne jegliche Hilfe und Unterstützung darf es einen nicht wundern, wenn solche Gräueltaten geschehen müssen.“ Ja, schicksalhafte Gräueltat Frauenmord. Weil wo soll man sonst seine Aggressionen auslassen? Wozu hat man eine Frau, oder? Ein anderer hat wiederum in Wien seine Exfreundin angezündet. Zuerst hat er sie geschlagen, versucht sie zu erdrosseln, sie mit Benzin übergossen und angezündet und sie dann in ihrer Trafik eingesperrt, weil er eifersüchtig war.

Stefan: Ja der hat das Versprechen das der Metzger macht eingelöst. In den Geschichten aus dem Wienerwald sagt er ja: „Du wirst meiner Liebe nicht entkommen.“ Und das kann man als Drohung verstehen. Der Begriff des Femizids bezieht das mit ein, dass der Mord an Frauen ein gesellschaftliches Phänomen ist. Er hat System und ist kein Schicksal. Der Begriff der Beziehungstat und der Tragödie dient ja nur dazu davon abzulenken. Die Motive des Täters sollten für die Beurteilung von so einem Frauenmord gar keine Rolle spielen. Da fühl ich mich doch papierlt, wenn einer so brutal und gezielt eine Frau umbringt und dann wird lang und breit ermittelt ob er vielleicht nicht zurechnungsfähig gewesen sein könnte. Ich mein, seids ihr deppad?

Aus der Sicht solcher Täter gehört die Frau ihnen und deshalb zerstören sie sie physisch, wenn sie von ihr verlassen werden. Die sind nie unzurechnungsfähig, sondern immer Oaschlöcher.

Ela: Zuletzt jetzt wieder die Bierwirt-Geschichte, wer hätte denn das gedacht, dass der ein Problem mit Frauen hat, nach der Maurer-Geschichte, wo er ihr mit Vergewaltigung gedroht hat? Aber zum Glück hat die Sigi Maurer sich dazu auch zu Wort gemeldet, jetzt muss man sich nicht mehr mit dem Mord auseinandersetzen, sondern es reicht schon, sich drüber aufzuregen, dass sie das Wort Femizid verwendet hat. Die andere Hälfte der Kommentatoren beschäftigt sich damit drauf hinzuweisen, dass jeder Mord schlimm ist, nicht nur Frauenmorde. Und der Dönmez redet lieber von der Macht der Mütter, wenn es um die Obsorge geht. Der Petzner hat übrigens gemeint die Sigi Maurer sollte „ein schlechtes Gefühl von einer gewissen Mitschuld“ haben, weil sie ihn in die Öffentlichkeit gezerrt hat.

Die Sigi wurde ja wegen übler Nachrede angeklagt, weil sie vom Bierwirt Vergewaltigungsdrohungen bekommen hat und die veröffentlicht hat. Der Fellner verklagt inzwischen seine ehemalige Angestellte, weil sie ihm sexuelle Belästigung vorwirft. Vor Gericht mokiert sich eine ehemalige Kollegin nicht etwa darüber, sondern wundert sich, dass man einen Popoklaps bei der Arbeit gar so ernst nimmt. Die Richterin fragt die Journalistin, die Fellner sexuelle Belästigung vorwirft, ob sie „von warmen Eislutschgern träumt“, weil sie weiterhin in dem Job arbeiten wollte, nur eben ohne sexuelle Belästigung, weil man weiß ja wie es in der Brache zugeht und Fellner selbst wundert sich warum die Bezeichnung der ehemaligen Angestellten als „Nutte“ ein Problem sein sollte.

Kürzlich hat ein Gericht in Österreich über die Belästigung eines 12-jährigen Mädchens entschieden, dass es sich zwar um Nötigung handelte, als der Angeklagte das Kind verfolgte, es als seine Frau bezeichnete und von hinten umarmte. Eine sexuelle Belästigung ist es aber anscheinend nicht, wenn man eine fremde und noch dazu nicht einverstandene Person von hinten umarmt, und dieser dabei zufällig seine Genitalien in den Rücken drückt.

Da kommen wir dann wieder auf das Thema zurück, ab wann eine Vergewaltigung eine Vergewaltigung ist. Das hat sich ja in Deutschland bei Gina-Lisa Lohfink ganz klar gezeigt. Die hat sich leider (nicht nur) ihre Brüste operieren lassen und steht besonders gern im Rampenlicht, weshalb sie schon mal einen schlechten Stand hatte. Sie hat bereits davor Aufmerksamkeit mit privaten Sexvideos erregt. Jetzt gab es ein neues Video von ihr, das sie beim „Sex“ mit zwei Männern zeigte. Das Video wurde von den beiden online geteilt. Sie konnte sich an den Abend nicht erinnern. Zunächst machte sie eine Anzeige wegen der Weiterverbreitung des Videos ohne ihrer Zustimmung. Später erstattete sie Anzeige wegen Vergewaltigung. Auf dem Video ist übrigens mehrmals klar und deutlich zu hören, dass sie „Hör auf!“ sagt. Leider konnte das Gericht nicht feststellen, dass es sich um eine Vergewaltigung handelte und Gina-Lisa wurde wegen falscher Anschuldigung zu einer Geldstrafe von 24.000 Euro verurteilt. Denn das „Hör auf!“ hätte ja auch dem Umstand gelten können, dass sie beim Sex gefilmt wurde. Interessant ist jetzt übrigens, dass einer der beiden Männer inzwischen wieder vor Gericht stand. Wegen „Stealthing“ einer Prostituierten, was als sexueller Übergriff gilt. Er hatte während des Sex, bei dem sie auf ein Kondom bestand, dieses heimlich entfernt. Zudem hatte er die Frau geschlagen. Auch in diesem Fall wurde der Prozess wegen Vergewaltigung und Nötigung eingestellt und er bekam lediglich 500 Euro Strafe für Drogenbesitz und den Schlag auf den Hinterkopf der Frau.

Aber auch gut, in Wien ist ein Typ vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden, weil es bei der Aussage des 16-jährigen Mädchens, das die Anzeige gemacht hatte, zu Widersprüchen kam. Zwar konnte es Fotos von Würgemahlen und Biss- sowie Kratzspuren vorweisen, doch, wie der Verteidiger anmerkte, hätte es ja die „Chance“ gehabt, „schon früher zu gehen“. Ein Argument übrigens, das nicht zum ersten Mal in einem Vergewaltigungsprozess fällt. Die Wohnung eines Mannes zu betreten, scheint damit juristisch einer Einwilligung zum darauffolgenden Sex zu entsprechen. Die Vergewaltigung als Sportveranstaltung (Passend dazu: Mithu Sanyal, die Vergewaltigungsopfer zu „Erlebenden“ euphemisiert), von der man sich nur abzumelden braucht. Aber so lernt man als Frau einer Vergewaltigung dadurch zu entgehen, dass man vor der Vergewaltigung geht, sich also nicht vergewaltigen lässt. Dies entspricht in etwa dem Argumentationsniveau der Person auf dem Steg, die dem Ertrinkenden zuruft, er hätte halt schwimmen lernen sollen.

Stefan: Da schwingen zwei Begriffe mit „Eigenverantwortung“ und „Natur“. Es ist die Natur des Mannes, einer Frau, die sich nicht (ausreichend) wehrt, Gewalt anzutun und es liegt in ihrer Eigenverantwortung, sich nicht in eine Situation zu bringen, dass ein Mann ihr das antun kann. Das ist ein naturrechtliches Denken, das den Rechtsstaat partiell außer Kraft setzt. Das aber immer noch von Richtern geteilt wird.

Ela: Susan Brownmiller schrieb in „Gegen unseren Willen“ schon in den 70ern: „Das Gesetz hält es für höchst unwahrscheinlich, daß ein Mensch freiwillig sein Geld einem Räuber gibt oder sich bereitwillig prügeln, mißhandeln und verletzen läßt. Von den Opfern einer Vergewaltigung und anderer sexueller Übergriffe werden all diese Beweise verlangt, weil das Gesetz bisher noch nicht in der Lage war, zwischen einem Akt gemeinsam gewünschter sexueller Vereinigung und krimineller sexueller Aggression zu unterscheiden. (…) Der Hauptgrund für die fortdauernde Unsicherheit über den Unterschied (…) besteht in der kulturell geprägten Vorstellung, daß es die natürliche Rolle des Mannes sei, sich der Frau auf aggressive Weise zu nähern, und die natürliche Rolle des Weibes, sich zu „sträuben“ und zu „fügen“. Und so schützt das Gesetz männliche Interessen, indem es in dem Glauben, daß Gewalt oder Gewaltandrohung nicht entscheidend seien, die Verurteilung des Täters vom Verhalten des Opfers während des Verbrechens abhängig macht.“

Vergewaltigung war ja früher nur eine Art Eigentumsdelikt zwischen Männern. Da hat ein Mann dem andren Mann die Tochter gestohlen, die dadurch ihren Besitzer wechselte. Bei einer „klassischen“ Vergewaltigung wurde dem Täter oft angeboten den Brautpreis zu zahlen und die Frau zu heiraten um der Strafe zu entgehen. Das galt natürlich nur, wenn die Frau noch nicht verlobt war.

Da fällt mir jetzt wieder Artemisia Gentileschi ein, das passt auch gut zu Judith und Holofernes und zur Behauptung, dass Frauen nicht zur Kunst fähig sind. Die Gentileschi hat bereits im 17. Jahrundert gelebt, in Italien. Sie war Vertreterin des Caravaggismus. Ihr Vater war selbst Künstler und hat es begrüßt, dass seine Tochter gemalt hat. Damit sie ihre Talente entfalten kann, dachte er, engagiert er ihr einen Lehrer, Agostino Tassi. Leider war Gentileschi hübsch, wollte aber von Tassi nichts wissen, ein schwerer Fehler. Tassi vergewaltigte sie. Sie hat sich zwar gewehrt, das hat ihr aber im Endeffekt nicht viel geholfen. Der Vater war besonders empört, dass Tassi seine Tochter nicht nur entjungfert hatte, sondern noch dazu nicht heiraten wollte und erstattete daher Anzeige. Artemisia musste sich darauf mehreren gynäkologischen Untersuchungen unterziehen – das ist auch schön, erinnert an Jungfräulichkeitstests wie man sie heute noch aus verschiedenen Weltgegenden kennt – ihr wurden Daumenschrauben angelegt, ihrem Vergewaltiger nicht. Der hat ganz einfach behauptet, dass er nichts getan hat. Der Prozess wurde Monate später eingestellt. Tassis Karriere ging weiter wie bisher und Gentileschis Vater hat ihm auch verziehen. Artemisia heiratete und ging nach Florenz. An Tassi rächte sie sich indem Sie ihn zumindest künstlerisch, in Gestalt des Holofernes, köpfte. Diese Szene malte sie in sechs unterschiedlichen Versionen. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sie als Künstlerin wiederentdeckt und fand Anerkennung.

Stefan: Eine berühmte italienische Ehebrecherin ist Francesca da Rimini. Ihr begegnet man in Dantes Komödie in der Hölle. Witzigerweise ist ihr Mörder dort nicht anzutreffen, wenn ich mich richtig erinnere. Bros before hoes in der Renaissance.

Ela: Das ist sowieso ein beliebtes Motto, wenn man sich zb. Gruppenvergewaltigungen und Vergewaltigungen in Kriegszeiten ansieht. Brownmiller meint, dass die Ideologie der männlichen Überlegenheit, des Machismo, die in den großteils männlichen Armeen verbreitet ist, hier ihren Höhepunkt erreicht. Und wo die Geschichte nichts von vergewaltigten Frauen in Kriegen zu erzählen weiß, tauchen auf einmal Zwangsprostituierte auf. Von Armeen, in denen auch Frauen dienen, sind dagegen kaum Vergewaltigungsfälle bekannt, siehe das Beispiel Israel.

Vergewaltigung ist laut Brownmiller oft eine Art „Bonding-Möglichkeit“ für Männergruppen, die die beteiligten Männer auf Kosten der vergewaltigten Frauen näher zueinander bringt und Allianzen stärkt. Brownmiller geht davon aus, dass (das Damoklesschwert der) Vergewaltigung für die Aufrechterhaltung männlicher Herrschaft von großer Bedeutung ist. Sie schreibt dazu: „Eine Welt ohne Vergewaltiger wäre eine Welt, in der Frauen sich frei, ohne Angst vor Männern, bewegen könnten. Daß einige Männer vergewaltigen, reicht als Bedrohung aus, um die Frauen im Zustand fortwährender Einschüchterung zu halten, (…) Vergewaltigende Männer sind nicht Außenseiter der Gesellschaft oder „Besudeler der Reinheit“, sondern vielmehr männliche Stoßtrupps, terroristische Guerillas im längsten Krieg, den die Welt jemals gesehen hat.“

Besonders Gruppenvergewaltigung dient oft als Mittel sozialer Kontrolle. Federici schreibt etwa über die Entkriminalisierung der Vergewaltigung von Frauen aus den niederen Klassen im Mittelalter in Teilen Europas zur Bändigung der revolutionären Energien männlicher Arbeiter. Damit einher ging auch die Etablierung staatlicher Bordelle.

Hunter S. Thompson hat eine Zeit lang die Hell’s Angels in Kalifornien begleitet und sie geradezu romantisiert. Da beschreibt er zum Beispiel wie Frauen, die es wagten einen Angel zu verlassen oder zu verraten, zur Disziplinierung von mehreren Angels vergewaltigt wurden. Diese Strafmaßnahme beschreibt er als „Zeremonie“ und „Hexenaustreibung“. Die Verherrlichung der Täter ist keine Seltenheit.

Stefan: Analog dazu gibt es eine digitale Männlichkeit, die sich auch im Rudel zeigt. Es gibt eine männliche Online-Kultur, die Frauen im digitalen Raum erniedrigt und damit Gewalt gegen Frauen in der analogen Welt verstärkt. Da gibt es die Männer die jahrelang auf allen möglichen sozialen Medien öffentlich ihre Frauenverachtung zum Ausdruck bringen und weil sie da nicht gestoppt werden, dann irgendwann so viel Selbstsicherheit aufbringen und auch in der analogen Welt zur Tat schreiten.

Und das ist definitiv ein gesamtgesellschaftliches Problem. Da steht ein Oberösterreichischer Bürgermeister wegen sexueller Belästigung und Vergewaltigung in Wels vor Gericht und die Krone titelt „Abgeordneter wegen Sex angeklagt“. Da reckts mich schon. Aber die Liste solcher Sachen lässt sich ja unendlich fortführen.

Aber dann gibt es Sachen, die sind trotzdem nochmal schockierender. Der russische Youtuber ReeFlay hat sich damit eine Marktnische erkämpft, dass er seiner Freundin immer wieder Gewalt antut. Er hat Zuschauer abstimmen lassen und von ihnen Geld dafür kassiert, dass er sie live quält. Jetzt ist sie während einer seiner Übertragungen am Balkon erfroren, auf den er sie stundenlang gesperrt hatte. Sie war schwanger, und er hat damit 900 Euro verdient.

Ela: Also ja, es gibt da diese historisch gewachsenen Vorurteile und Annahmen, die sich über die Jahrhunderte summiert haben und bis heute nachwirken, auf die eine oder andere Weise immer wieder auftauchen, auch um, nach Bourdieu, die männliche Herrschaft zu legitimieren und zu bestätigen. Eine „Vergesellschaftlichung des Biologischen und (…) Biologisierung des Gesellschaftlichen in den Körpern und in den Köpfen“ die eine „Verkehrung der Beziehung von Ursachen und Wirkungen zur Folge“ hat. Auf Grundlage der biologischen Unterschiede wurden die gesellschaftlichen Unterschiede konstruiert und naturalisiert. Am Ende sieht es dann so aus, als wären die sozialen Unterschiede Produkt der biologischen Unterschiede. Man spricht vom „ewig Weiblichen“.

Der „supreme Gentleman“ Elliot Rodger, der 2014 sechs Menschen in Isla Vista getötet hat, und 14 verletzte, um sich an Frauen allgemein zu rächen, weil er keine Chance bei ihnen hatte, gilt in Incel-Foren als Vorbild. Der hat auch online angefangen. In seinem „Manifesto“ schreibt er, dass Frauen sich zu den „falschen“ Männern hingezogen fühlten, nicht zu ihm. Um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen und zugleich der Welt zu beweisen, dass er der RICHTIGE Mann gewesen wäre, begab er sich auf einen Amoklauf in der Nähe der Universität von Kalifornien, um dort das Haus der „hottest Sorority“ zu betreten und „jede einzelne verzogene, hochnäsige, blonde Schlampe“ dort zu „schlachten“.

Er schreibt Frauen seien Bestien, und da spielen dann wieder die ganzen schönen Sachen rein, die schon die großen Philosophen so gern verbreitet haben, „Frauen sind nicht fähig, moralisch und rational zu denken, sie werden vollständig von ihren verdorbenen Emotionen und abscheulichen sexuellen Impulsen gesteuert“. Zum Glück hatte Rodger auch gleich eine Lösung für die Probleme der Menschheit. „Frauen sollten nicht das Recht haben zu wählen, mit wem sie sich paaren und fortpflanzen wollen. Diese Entscheidung sollte von rationalen, intelligenten Männern für sie getroffen werden. (…) Wenn Frauen weiterhin Rechte haben, werden sie nur den Fortschritt der menschlichen Rasse behindern, indem sie sich mit degenerierten Männern fortpflanzen und dumme, degenerierte Nachkommen erzeugen.“

Und dann passieren Sachen wie in Atlanta, wo ein Typ acht asiatische Frauen ermordet und die Medien tun sich richtig schwer, das als Misogynie zu erkennen. Laut Selbstaussage handelte es sich um keine rassistische Tat. Er sei sexsüchtig und habe die „Versuchung“ eliminieren wollen, sagt er von sich.

Stefan: Mann tötet 8 Frauen. Presse: Rassismus!

Ela: Also ja, es spielen sicher auch stereotype Darstellungen von Asiatinnen da rein und die Assoziationen dieser Massagesalons mit Prostitution.

Stefan: Vor allem haben ja meistens „Yellow Riders“, wie sie sich selbst nennen, deshalb ein Faible für asiatische Frauen, weil sie glauben die sind dankbar für einen kleinen Penis, somit ist das wieder etwas das zwar rassistisch konnotiert ist, aber letztlich mit Frauenverachtung zu tun hat.

Ela: Im Endeffekt war Frauenhass doch immer mit rassistischen Klischees durchsetzt oder? Sartre hat über die Fetischisierung von jüdischen Frauen gesagt, dass gerade in diesem Zusammenhang den besonderen Reiz der „Geruch von Vergewaltigung und Massaker“ ausmacht. „Die schöne Jüdin ist die, welche die Kosaken des Zaren an den Haaren durch ihr brennendes Dorf schleifen (…)“

Die Pickup-Leute bewerten Frauen auch nach Herkunft, nach dem Motto: Welche Nationalität gilt als besonders unterwürfig, zb., oder sonst irgendein Porno-Fetisch.

Stefan: Und es hat meistens mit Merkmalen zu tun, die man vom Machoverhalten der Männer ableitet, die in der Gegend wohnen.

Ela: Und man wünscht sich eigentlich den Platz mit diesen Männern zu tauschen.

Stefan: Man wünscht sich den eigenen Penis riesig und die Vagina der Frauen möglichst eng. Das ist auch im Wunsch nach Jungfräulichkeit versinnbildlicht.

Ela: Unangenehm.

Stefan: Sex ist offenbar wie Moral, es muss die Frauen recken dabei.

Link zu Teil 3

„The mother and the weeping child“ by Shambhavi Pataskar
2021, gouache and ink on paper
https://instagram.com/shyamanist
„There’s a mother in every one of us that’s not made for taking care of another life. This mother is made for our internal self, and it nourishes the child within us that suffers from things we’re oblivious to. Some call it God, while others call it a „voice in their head“, but time and time again I realized that not listening to this mother leaves me as a weeping child; because for once – it is good to let go and take care of ourselves without putting ourselves through unnecessary atonement.“

Unter Herausgeberinnen 3. Männer + Hoden + YouTube + Gewalt – Teil 1


Link zu Teil 2

Ela: Der Mann ist laut Aristoteles der Frau von Natur aus überlegen und damit dazu bestimmt sie zu beherrschen.

Stefan: Jetzt wird der Briefkasten übergehen mit den Beschwerden von akademischen Philosophen. Weil das kann man ja nicht so undifferenziert sagen. Der Aristoteles hat das sicher irgendwie philosophisch gemeint. Wenn man sowas aus dem Zusammenhang reißt und ohne Fußnote einfach hinstellt, dann ist es notwendig falsch. Also wir machen uns völlig unglaubwürdig gerade.

Ela: Das ist lustig, das sagen sie auch immer bei den heiligen Büchern. Glaubwürdigkeit ist in dem Zusammenhang ein großes Thema. Weil es oft drauf ankommt, ob etwas ein Mann erzählt. Die Frauen übertreiben immer so. Sie landen meistens in den Apokryphen.

Stefan: Die Frauen machen ja auch immer die falschen Diskriminierungserfahrungen. Weshalb dann Journalisten sich als Frau verkleiden müssen, um mal aus erster Hand zu erfahren was Diskriminierung bedeutet.

Ela: Ja. Ich find es gut, weil die sind von Geburt an objektiv. Spatzimeter haben die eingebaut.

Stefan: Frauen sehen alles subjektiv. Männer haben ihre objektiven Hoden, wie ja schon Hegel geschrieben hat. Insofern hast du uns mit deiner einleitenden Behauptung doppelt in Teufels Küche gebracht. Sollen wir die jetzt nachträglich noch rausnehmen? Sonst kommen die Philosophen und halten uns ihre ontologischen Hoden hin.

Ela: Nein das bleibt drinnen.

Stefan: Ok.

Ela: Ich liebe es immer so, wenn manche Männer bei sexueller Belästigung oder sexuellen Übergriffen von feschen Frauen auf Minderjährige sagen „Also von der wäre ich als Kind auch gern missbraucht worden“. Hoits bitte eicha blede Pappn.

Stefan: Von der Asia Argento zb?

Ela: Ja. Oder irgendwelche hot teacher (pornogeschädigt).

Stefan: Ich glaub dass viele Menschen mit Hoden den Begriff „Missbrauch“ inhaltlich nicht verstehen wollen.

Ela: Ich glaub das sind dieselben Leute, die dann behaupten Frauen sehen es nur als sexuelle Belästigung, wenn jemand schirch ist, wenn jemand hübsch ist, ist es ok.

Stefan: Es dürfte schon so sein, dass Männer es kulturell ausnützen, dass sie durchschnittlich und schematisch betrachtet körperlich kräftiger sind als Frauen. Außer bei den ständig vorgezeigten Hoden. Da haben sie ihre Achillesferse. Apropos, in der Ilias (die auch von einem Mann geschrieben wurde wahrscheinlich) kommt eine Frau namens Briseis vor. Im Film Troja mit Brad Pitt trifft Achilles Briseis zum ersten Mal, da ist sie schon eine Gefangene. Sie ist an eine Zeltstange gefesselt und sieht sehr mitgenommen aus. Der Youtuber, der die Filmszene reingestellt hat, hat übrigens drunter geschrieben: „I love this part, Achilles looks SO hot here… Almost unstandable.“. Da sprechen wiedermal die Hoden. Aber abgesehen davon ist Briseis die Tochter von einem Fürsten, der mit Troja verbündet war und bereits von den Griechen fertiggemacht worden ist. Historisch gesehen kommt sie, als sie auf Achilles trifft, vielleicht gerade aus einem Vergewaltigungscamp der griechischen Soldaten. Aber der nächste Mann, der das Recht haben wird sie zu vergewaltigen, ist eben Achilles, und der sieht SO hot aus, dass alles andere zur Nebensache verkommt.

Ela: Das war sicher ein Incel, der das hochgeladen hat. Die sind ja auch von den Griechen besessen. Vergleichen sich selbst mit Hephaistos, der als besonders hässlich den prototypischen unfreiwilligen Zölibatären repräsentiert, während das Objekt ihrer Begierde, Aphrodite (die unerreichbare Stacy), sich mit Ares (dem Chad) vergnügt. Auch lustig, dass sie Feministinnen mit Gorgonen vergleichen, weil die auch angeblich so hässlich waren, aber natürlich nicht in jeder Version der Geschichte. Die Medusa ist in einer Version von Poseidon vergewaltigt worden, in der andren „lag“ mit ihr „der Dunkelhaarige (Poseidon) auf einer weichen Wiese inmitten von Frühlingsblumen“.

Stefan: Molly Haskell schreibt in ihrer erhellenden Studie „From reverence to rape. The treatment of women in movies“, dass Frauen in den meisten Filmen, aufgrund der Logistik der Filmproduktion, die aus den ungeschriebenen Regeln der Gesellschaft hervorgeht, zu Projektionsflächen männlicher Werte degradiert werden. Entweder als Ergebnis der Projektion des Auteurs oder des Studiosystems. Frauen treten als Vehikel männlicher Fantasie auf.

Ela: Das zieht sich eh so durch. Der Tarantino zb. baut in jeden seiner Filme seinen Fußfetisch ein. Ich hab mir zuletzt wieder Fight Club angeschaut, weil ich einigermaßen perplex war, dass der Film und das Buch so eine Art Bibel für Incels ist. Ich mein, die müssen die Satire ja komplett ausblenden. Der Typ bastelt sich quasi unbewusst eine zweite Persönlichkeit, die das macht, was er sich nicht traut, was aber gleichzeitig eine Karikatur des Männlichkeitsbildes ist, das er romantisiert. Anfangs leidet er an Schlafstörungen und muss feststellen, dass er nur dann schlafen kann, wenn er ordentlich heult. Dafür besucht er verschiedenste Selbsthilfegruppen, für Leiden, von denen er selbst nicht betroffen ist. Am einfachsten fällt ihm das Heulen in einer Selbsthilfegruppe für Männer mit Hodenkrebs, an die riesigen Brüste von Bob gedrückt, der früher Bodybuilder war und dem die Hoden entfernt wurden. Lustigerweise heißt die Gruppe noch dazu „Remaining men together“ (Gemeinsam Männer bleiben). Dann fällt dem Narrator/Protagonisten auf, dass er nicht der einzige Tourist in den Selbsthilfegruppen ist, sondern es eine weitere Touristin gibt, Marla Singer, die so frech ist, die Hodenkrebs-Gruppe ebenso zu besuchen, denn im Gegensatz zu ihm hat sie zumindest keine Hoden, also mehr Recht auf die Teilnahme. Er wirft Marla das vor, woran er sich selbst schuldig gemacht hat. Von Beginn an redet er sich ein, dass er sie verachtet, da ist er nicht weiter als ein Bub im Kindergarten, der Mädchen dumm findet. Eine potentielle Partnerin auf derselben Wellenlänge in ihr zu sehen, so weit ist er noch nicht.

Nebenher bastelt er bereits an seiner Persönlichkeitsspaltung, dem Übermensch-Alter-Ego Tyler Durden, das sich damit brüstet sich gegen Konsumerismus einzusetzen und predigt ihn zu befreien. Im Endeffekt erschafft er sich also eine Persönlichkeit, nur damit er der Realität entflieht und keine Verantwortung übernehmen muss, weil er Angst hat eine Beziehung mit einer erwachsenen Frau einzugehen, denn das würde für ihn den Verlust seiner neu gewonnen Freiheit bedeuten, sich wöchentlich im Fight Club mit anderen Männern zu treffen und sich gegenseitig den Schädel einzuschlagen. Gleichzeitig beginnt aber Tyler Durden eine Fickbeziehung mit Marla Singer, weil ganz kann der Narrator die Anziehung zu ihr anscheinend nicht abspalten. Da gibt’s auch die lustige Szene, wo Durden einen Dildo auf ihrer Kommode entdeckt und sie zu ihm sagt „Keine Sorge, der ist keine Gefahr für dich!“ Der Protagonist ist relativ genervt von den Besuchen Marlas bei Tyler Durden, weil sie (wieder einmal) in seinen Raum eindringt.

Tyler Durden hat große Pläne und aus dem Fight Club entwickelt sich schließlich das Project Mayhem, in dem die anfangs so freie Männergruppe streng hierarchisch organisiert, einem Kult gleichend, sich ihrem Anführer Tyler Durden unterwirft. Das geht wiederum mit einem Individualitätsverlust einher. Sie haben keine Namen, bis sie sterben. Der Narrator bemerkt inzwischen, dass seine Erinnerungslücken immer größer werden. Er reist Tyler Durden durch die USA hinterher und muss erkennen, dass er selbst Durden ist und zudem einen Terroranschlag auf die großen Kreditkartengebäude San Franciscos plant. In dem Moment wo der Protagonist sich seiner romantischen Gefühle für Marla Singer bewusst wird und Tyler Durden Andeutungen macht, sie loswerden zu wollen, denn sie steht dem Narrator und der Ideologie im Weg, beschließt er endlich sich auf die Beine zu stellen, schießt sich ins Gesicht und erschießt damit Durden. Zum Schluss steht er Händchenhaltend mit Marla Singer am Fenster und schaut dabei zu wie ein Gebäude nach dem anderen zusammenstürzt.

Ich mein, wie ist es möglich die Ironie so stark zu verdrängen, dass man Tyler Durden als Vorbild heranzieht und den Blödsinn, den er verzapft in sich aufsaugt als handle es sich um eine Religion? Allein die Aussage „Wir sind eine Generation von Männern, die von Frauen erzogen wurden, ich weiß nicht, ob eine weitere Frau wirklich die Antwort auf unsere Fragen ist.“ Ich mein, welche Generation wurde nicht von Frauen erzogen?

Stefan: Der Fußballer Ronaldo ist ja dafür bekannt, dass seine Liebe zu seiner Mutter „ebenso imposant wie sein Kontostand“ ist, schreibt irgendeine Zeitung im Internet. Der wohnt mit seiner Mutter zusammen und kümmert sich um sie. Weil er ihr so dankbar ist für ihre Erziehung. Mit anderen Frauen nimmt er es vielleicht nicht so genau. Aber um Ironie zu verstehen, müsste man vielleicht wissen warum ein Kater Stiefel trägt.

Beim Friedrich Schlegel gibt’s die Überlegung, dass es ironisch ist, wenn ein Kunstwerk seine eigenen Produktionsbedingungen gleich mit thematisiert. Der Film Fight Club hat in seinem ganzen Pathos auch etwas Ironisches. Die Abspaltung des Hauptdarstellers, die Figur die von Brad Pitt gespielt wird, ist so männlich, dass es weh tut. Das fängt schon beim Wohnen an. Aber setzt sich in jeder Geste fort. Auch das lässige Rauchen beim Kämpfen oder kurz vorm Kämpfen. Und diese Selbstgefangenheit, die du vorher so schön beschrieben hast. Dieser schmächtige Mann bricht aus dem Käfig des Großraumbüros aus, befreit sich von der Autorität seines Chefs und verlässt seine Ikea Wohnung um in einer Ruine zu hausen in der ständig Wasser von der Decke tropft. Diese Flucht ist rein materiell betrachtet schon deshalb männlich, weil sie dumm ist. Und das reflektiert dann im Kunstwerk die Produktionsbedingungen der Kunst gleich mit. Weil wenn es in diesem Film um etwas geht, dann darum, dass man zwar aus den unmännlichen Zusammenhängen der Zivilisation leicht rausspringen kann. Aber dann im Endeffekt nur in der Männersteinzeit landet, in der Mann dann Bandenchef werden muss um überleben zu können.

Der IS kritisiert übrigens auch Konsumerismus und prangert die Dekadenz der westlichen Konsumgesellschaften an. (Als gäbs im globalen Kapitalismus Gesellschaften die keine Konsumgesellschaften sind. Zählts mal die Plastiksackerln die nach der Eroberung von Rakka herumgelegen sind.) Und die haben sogar ähnliche Neurosen. Verbindend wirkt sicher der Hass auf Frauen.

Ela: Da gab es einmal einen Tumblr von einem IS-Kämpfer aus England in Syrien, der so eine Art Tagebuch drüber geschrieben hat. Die Seite gibt es leider nicht mehr, aber ich hab damals einen Eintrag davon übersetzt, das will ich dir nicht vorenthalten, weil es so lustig ist. Jeden Tag beim Mittagessen, schreibt er, wird die Essensausgabe einem von ihnen zugeteilt. Wenn er selbst an der Reihe ist, moniert er, drängen sich schon alle um ihn und er weigert sich so lange das Essen auszuteilen, bis alle zivilisiert am Tisch sitzen. Leider scheint seine Lehrmethode nicht so erfolgreich wie erhofft. „Die Araber“ sabotieren außerdem die in England so beliebte Bildung von Warteschlangen. Nicht nur das, auch administratorisch scheint ISIS Schwierigkeiten gehabt zu haben. So musste ein deutscher „Kämpfer“ nach seiner Heirat einen Monat lang auf einen Kühlschrank warten. Dennoch, so schreibt er weiter, soll man sich von diesen Schwierigkeiten nicht davon abhalten lassen sich dem Dschihad anzuschließen. „Die Lösung“ sei es „zu Allah zu beten, damit dieser die Araber (in der Administration) durch andere ersetzt, die wissen was sie tun.“ Das ist ja irgendwie wieder ein bisschen so das Problem, das du bei Fight Club mit der „Männersteinzeit“ angedeutet hast. Man begibt sich da quasi unbedarft in einen Zusammenhang der Vorzivilisation, der rohen Gewalt und wundert sich dann, dass sich das auch in anderen Bereichen fortsetzt. Aber immerhin hat er seinen Kühlschrank dann noch bekommen, also ja, Dschihadisten sind im Endeffekt auch Konsumenten. Ich glaub, wenn ich mir den Tumblr anschau, da sind auch ganz viele LARPer dabei, die einfach bisschen Kalifat spielen, am Abend aber am Liebsten doch im gemütlichen Bettchen in St. Pölten liegen würden. Also auch nichts andres, als dem Kater die Stiefel anzuziehen.

Stefan: Und vielleicht ist diese Reaktion des Publikums, dieses männlich-konsumistische Terrorspielen, auch ein Teil der Ironie. Der gestiefelte Kater von Tieck ist ja das erste Stück im deutschen Sprachraum in dem explizit ein Publikum eingeplant ist, das nach Plan des Autors auf das Stück reagiert und mit den Schauspielern planvoll interagiert. Bei Leuten die unvorbereitet sind, löst das natürlich Verwirrung aus. Tieck hat übrigens auch ein kleines Stück geschrieben, das sich „Die männliche Mutter“ nennt. Darin rettet eine Mutter ihre Tochter indem sie sich als Graf verkleidet und um ihre Hand anhält.

Ich glaube viele Rollenklischees gibt es ja deshalb, weil Menschen Ironie nicht verstehen. Kant beschreibt die Ehe so, dass man eigentlich gar nicht anfangen mag damit. Die Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum „lebenswidrigen wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften“ und zu den Geschlechtseigenschaften gehört nun mal dazu, dass die Frau schwächer ist als der Mann und beruflich ungeeignet und daher das Eigentum des Mannes.

Ela: Kant hat ja auch gemeint moralisches Verhalten ist es besonders dann, wenn man etwas tut wozu man eigentlich keine Lust hat, aber weiß, dass es das Richtige/Vernünftige ist. Frauen sind das schöne Geschlecht, im Gegensatz zum noblen Geschlecht der Männer, und damit sind sie quasi gar nicht in der Lage RICHTIG moralisch zu handeln, weil sie so sanfte, oberflächliche, aber einfühlsame Wesen sind und das ihr Naturell ist. Zu Prinzipien sind sie nicht fähig. Sie streben nach Tugend, weil sie (moralisch) schön ist! Sie machen Dinge aus Mitgefühl, nicht aus Pflichtbewusstsein oder Vernunft, Igitt! Moralisch ist es nur, wenn einem davor graut! Wenn es einen nicht mindestens reckt, dann hat es keinen Wert!

Stefan: Es muss jemand geschädigt werden, sonst ist es keine Moral! Und da das so ist, dann bitte eine Frau schädigen, weil die Männer sind zu wertvoll, weil sie so moralisch sind.

Ela: Moral sollte stets Selbstverleugnung, wenn nicht sogar Selbstverletzung beinhalten!

Stefan: Schiller ist da ein wenig nachsichtiger, wenn er konstatiert, dass die Frau nicht unterworfen, sondern eher als Partnerin angesehen werden sollte. Sie ist zwar zu sachlichem Gespräch, Abstraktionsfähigkeit und selbsttätiger Vernunft nicht in der Lage, aber dafür für Gefühl und Phantasie zuständig und sowas kann ein Künstler immer an seiner Seite brauchen. Künstlerisch sollten sich die Frauen bei Schiller aber trotzdem nicht betätigen. Das wär bissl zu viel wegen ihrer Tendenz zur Mütterlichkeit. Wobei diese Mütterlichkeit beinahe immer auch Hausarbeit miteinschließt. Also den Bereich der Arbeit, der bis heute nur widerstrebend anerkannt und noch widerstrebender bezahlt wird, wenn überhaupt.

Goethe ist ja ein Freund Schillers gewesen und lässt in den Gesprächen mit Eckermann folgendes ausrichten: „Die Frauen sind silberne Schalen, in die wir goldene Äpfel legen.“ Das braucht sicher eine eingehendere Analyse. Müsste man mal im Eissler nachschlagen. Macht ja eh wieder niemand.

Aber ein anderer Mann, der wahrscheinlich eine Psychoanalyse gut vertragen hätte, war der Fichte. Der Philosoph der Freiheit, der Eroberer der Subjektivität, der revolutionäre Denker und Denker der Revolution sieht den Mann als Verwalter aller Rechte der Frau. Fichte war wahrscheinlich ein genialer Denker, aber er hat sich nachweislich mit menschlichen Beziehungen und dem Leben im Allgemeinen sehr schwer getan, mehrere gute Posten verloren, sich mit allen Förderern zerstritten und immer Geldprobleme gehabt. Also ein Philosoph, der zeitlebens einen Sachwalter gebraucht hätte, hält Frauen für ungeeignet sich selbst politisch zu verwalten. Für diesen Philosophen der Freiheit ist die Freiheit der Frau eher eine Nebensache. Für ihn ist der Mann natürlicher Repräsentant im Staate und die Frau halt ohne ihn überfordert ihre Rechte auszuüben.

To add insult to injury, fügt Hegel dem noch eine Zote auf der sexuellen Ebene hinzu. Nämlich, dass der männliche Testikel das tätige Gehirn ist, die Klitoris aber nur das untätige Gefühl. Ist ja bekannt, dass Hoden die ur Action machen beim Sex, die Klitoris ist dagegen zum Handeln total unfähig.

Ela: Naja das erinnert mich ja wieder an Aristoteles, der auch gemeint hat, dass Frauen beim Fortpflanzungsprozess so eine Art Gefäß sind – ist das wieder die silberne Schale vom Goethe? – dessen Beitrag nur darin besteht das Material zur Verfügung zu stellen, während der Mann das Prinzip der Bewegung selbst beisteuert, ohne die kein Leben entstehen kann!!!

Stefan: Eigentlich interessant wie naiv diese Vorstellungen sind. Also wenn dieser Volltopfen sich nicht aus der Philosophie heraus wieder zurück in die Gesellschaft gedrückt hätte, dann wär‘s fast lustig. Dass man so spürt, diese gscheiten Männer haben die halbe Menschheit eigentlich gar nicht verstanden.

Ela: Thomas von Aquin hat von der aktiven Zeugungskraft von Männern gesprochen, im Gegensatz zum passiven Prinzip bei den Frauen. Am oberen Ende der Skala befindet sich der Mann, der eine noblere Funktion einnimmt, der Dinge versteht, da freut sich der Kant. In ihrer Natur ist die Frau mangelhaft (Manqué). Das aktive Prinzip der Fortpflanzung im Samen des Mannes tendiert dazu etwas ähnlich perfekt maskulines wie den Mann selbst zu erschaffen, während weiblicher Nachwuchs das Resultat einer Schwäche dieser aktiven Kraft ist, einer Untauglichkeit des Materials, einer Veränderung die durch externe Einflüsse hervorgerufen wird. Bezogen auf die gesamte Spezies aber ist die Frau nicht mangelhaft, denn schließlich ist ohne sie keine Fortpflanzung möglich.

Interessant ist, dass das Y-Chromosom ja eine Mutation des X-Chromosoms ist. Gleichzeitig wurden aber historisch diese ganzen Mythen aufgebaut, die aus der Frau die Abweichung machen wollen, während es eigentlich umgekehrt ist.

Leicht abgewandelt kommt das Thema in der Krimiserie „The Fall“ mit Gillian Anderson vor. Da geht es um einen Serienfrauenmörder in Nordirland. Gillian Anderson, in ihrer Rolle als Stella Gibson, antwortet auf die Frage eines Kollegen und ehemaligen Liebhabers „Warum sind Frauen emotional und spirituell so viel stärker als Männer?“: „Die menschliche Grundform ist weiblich. Männlichkeit ist eine Art Geburtsfehler.“ Später zitiert Gibson auch eine Aussage die Margaret Atwood zugeordnet wird. Die hat erzählt, dass sie einmal einen männlichen Freund fragte, warum sich Männer von Frauen bedroht fühlten. Er antwortete ihr „Sie haben Angst, dass Frauen sie auslachen könnten.“ Als sie eine Gruppe Frauen fragte, warum sich Frauen von Männern bedroht fühlten, war die Antwort „Wir haben Angst ermordet zu werden.“

Der Neurobiologe Gerald Hüther bezeichnet Männer übrigens als schwaches Geschlecht. Da auf dem X-Chromosom besonders viele Enzyme und Strukturproteine gespeichert sind, kann ein zweites X-Chromosom ein fehlerhaft kodiertes Strukturprotein auf dem einen X ausgleichen. Das ist nicht möglich, wenn es nur ein X-Chromosom gibt. Damit hat man mit einem Y-Chromosom von Geburt an bereits einen Nachteil – männliche Babys sind konstitutionell schwächer – den man dann im Leben auszugleichen versucht, mit demonstrativer Stärke zb. Die Art wie damit umgegangen wird, ist dann eine Frage der Sozialisierung.

Aber zurück zu den Philosophen. David Hume macht sich besonders Sorgen darüber, dass er ein Kind heranziehen könnte, das biologisch nicht das seine ist. Das wäre ja auch wirklich tragisch, wenn man ein Kind lieb gewinnen würde, das nicht der eigenen Manneskraft entsprang. Männer sollten nur für die Erhaltung und Erziehung ihrer eigenen Kinder Sorge tragen müssen! Und daher ist es wichtig die Frauen unter Kontrolle zu halten und ihnen wenigstens ein bisschen Schamgefühl einzuimpfen, wenn sie schon so liederliche Wesen sind von Natur aus. Er hat übrigens damals schon gewusst, dass die männliche Ehre mit der Sittsamkeit der Frauen verknüpft ist.

Aber das hatte er wahrscheinlich von den Römern. Die haben schon die weibliche Sittsamkeit mit der Familienehre und dem Staatswohl verknüpft. Das hat die Lucretia am eigenen Leibe erfahren. Die war ja ein Ausbund an Sittlichkeit, leider hat ihr Mann damit zu gern angegeben und das hat der Lucius Tarquinius Superbus als Herausforderung gesehen und sie vergewaltigt. Er hat ihr gedroht, wenn sie nicht mit ihm schläft, tötet er sie und einen Sklaven und legt sie nackt nebeneinander ins Bett. Das würden heute (und damals: Titus Livius) einige übrigens zum Anlass nehmen zu fragen, ob das überhaupt eine Vergewaltigung war. Jedenfalls hat Lucretia die Geschichte ihrem Mann und ihrer Familie erzählt und sich darauf selbst erdolcht. Ehre gerettet quasi.

Stefan: Die Frage, ab wann eine Vergewaltigung keine Vergewaltigung mehr ist, ist völlig absurd. Aber, dass man so eine Frage stellen kann, hat eine gewisse philosophische Tradition. Zumindest im Deutschen Denken. Fichte arbeitet sich ja in der Wissenschaftslehre an der Formel A = A (Ich bin ich) ab. Also daran, dass die Natur des Menschen das ist, was seinem Bewusstsein eine Identität gibt. Der „Ich bin“-Teil ist die Bedingung für den Vollzug der Identität jedes in Form von A = A Gedachten und fällt zugleich nicht darunter.

In der Gegenüberstellung von Ich und Welt abstrahiert Fichte vom empirischen Ich des Individuums, weil es nur die Vorstellung des ihm zugrundeliegenden Geistes, also des reinen Ichs ist. Ihm gelingt also eine Philosophie der Identität, die darin besteht das Ich durch Wegdenken zu erzeugen. Dieses Wegdenken der Individualität ist aber genau das, was das Denken der konkreten gesellschaftlichen Frau und ihrer Bedürfnisse unmöglich macht. Denn bei allem idealistischen Pathos ist Fichte halt nur ein Mann und sein Ich halt ein männliches. „Ich bin schlechthin, d.i. ich bin schlechthin, weil ich bin; und bin schlechthin, was ich bin; beides für das Ich.“ Aber dieses Männliche schleicht auch in weitaus weniger abstrakten Philosophien herum.

Ela: Hume meint jedenfalls, zwar haben die Männer auch die Pflicht sittsam zu sein, aber da ihr Interesse an fleischlichen Genüssen weniger stark ausgeprägt ist, als bei Frauen, muss für sie auch die moralische Obligation zur Sittsamkeit proportional schwächer sein.

Aber Rousseau muss natürlich dann noch ein Schäufelchen drauflegen und behauptet überhaupt: „Bei Männern ist es nur Betrug, bei Frauen ist es Verrat!!!!! 1!! 1“ Denn eine treuelose Frau zerstört Familie und natürliche Bindungen, indem sie ihrem Mann Kinder gebiert, die nicht seine eigenen sind.

Rousseau mag ich besonders, er sagt ja sinngemäß auch sowas wie: „Frauen kann man nur dazu bringen sich anständig zu verhalten, wenn man ihnen damit droht ihren Ruf zu zerstören, daher sollte man schon kleine Mädchen so erziehen, dass ihnen nix wichtiger ist als ihr guter Ruf!“

Stefan: Actually ist das eine sehr gute Zusammenfassung der gesamten Geschichte bisher.

Ela: Eine Frau muss Rousseau zufolge schwach und passiv sein, der Mann stark und aktiv, das ist eh wieder das alte Prinzip, kennen wir schon. Es reicht, wenn der Mann die Macht und den Willen hat, bei der Frau reicht es, wenn sie wenig Widerstand leistet. Das klingt überhaupt nicht rapey und war bestimmt nicht so gemeint. Die Frau hat also nur die Pflicht in seinen Augen gefällig auszusehen, weil ihr Charme ihre Stärke ist, während seine Stärke die Stärke ist, die sie in ihm erwecken soll, indem sie sich ihm ein bisschen widersetzt. Zurückhaltung ist also ein gottgegebenes Geschenk an die Frauen, das im Mann die Leidenschaft erwecken soll. Wenn sie sich entscheidet wirklich keinen Sex zu wollen, kann sie sich ja immer noch RICHTIG wehren.

Um zu garantieren, dass eine Frau aber treu ist, reicht es nicht, dass die Frau tatsächlich treu ist, sondern ihr Mann, ihre Freunde und am besten die gesamte Nachbarschaft muss ihr glauben, dass sie treu ist. Sie muss also sittsam, ergeben, zurückhaltend sein. Sie muss nicht nur ein reines Gewissen haben, sondern einen guten Ruf.

Stefan: Das erinnert aber schon sehr stark an heutige patriarchalische Zwangsgemeinschaften. Sind die iranischen Mullahs Rousseauianer?

Ela: Rousseau wäre stolz auf sie.

Stefan: Man könnte zum Eindruck kommen männliches Denken tue der weiblichen Selbstbestimmung oft nicht gut. Zumindest ein männliches Denken, das noch im Prozess der Emanzipation gefangen ist. Dieses Denken ist nicht abgeschlossen, fasst seine Gedanken nicht richtig, versteht die eigenen Begriffe, aber vor allem die eigenen Bedürfnisse nicht. Denn auch die großen Denker wollen guten Sex. Und so ist der sicher nicht zu haben. Wenn Frauen nur Dinge der Verfügung sein sollen. Und Kitzler von Testikeln dominiert werden. Man könnte fast sagen, bei allem Starken und Klugen was diese Männer gedacht haben, waren sie doch letztlich hilflos. Sie waren hilflos, weil sie in Klischees von Frauen gefangen waren, die ihnen durch Religion, Sitte und Moralismus auferlegt waren und sie zu schwach waren diese zu durchschauen.

Man kann das auch stärker formulieren: Überall da, wo Männer ungestört denken, werden Frauen missverstanden. Überall, wo religiöse Männer bestimmen, wird Frauen Gewalt angetan.

Aber es gibt natürlich auch weit über den Kosmos der reaktionär-religiösen Speibmänner hinaus Feinde der Frauen. Was auch wieder bisschen was mit der Bandenherrschaft vom Tyler Durden zu tun hat.

Die Wunschvorstellung von der Auflösung des Staates zugunsten von patriarchalischen Sippengemeinschaften verbindet Anarchopunks mit Islamisten. Deshalb tun sich die linken Jungmänner oft leichter den obrigkeitshörigen AKP-Fan zu verstehen („Der ist halt wütend wegen der strukturellen Diskriminierung.“) als den demokratischen israelischen Staat („Imperialismus“) anzuerkennen.

Der unreflektierte Hass auf das staatliche Gewaltmonopol und die seltsamen Querfronten die daraus entstehen, sind sicherlich im Zusammenhang damit zu sehen, was diese Männer miteinander verbindet. Ihr Wunsch ohne Eingreifen einer Schlichtungsstelle Gewalt ausüben zu können. Die Kommunarden haben es von linker Seite vorgemacht.

Rainer Langhans, der die Damen die mit ihm für die Freiheit in einer lebenslangen Gemeinschaft gelebt haben, bis heute offen als „Harem“ bezeichnet. Oder Otto Mühl, der im Namen der Freiheit von staatlicher Gewalt Zweierbeziehungen ablehnte und dann 1991 „wegen Sittlichkeitsdelikten, Unzucht mit Minderjährigen bis hin zur Vergewaltigung, Verstößen gegen das Suchtgiftgesetz und Zeugenbeeinflussung“ zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.

Das ist die Freiheit, die sie meinen. Das ist der Grund, warum sie sich in absoluter Konkurrenz zum Staat sehen und das ist, was sie mit den Islamisten und Paternalisten dieser Welt verbindet. Nämlich, dass immer, wenn sie ihre Hoden auspacken wollen, ihnen der Staat eine mit den riesigen Staatshoden drübergibt und sie auf die stille Treppe schickt. Das ertragen sie nicht.

Du hast mal in einer Scherzwut so einen wunderbaren Satz über manche Männer gesagt:

„Diese scheiss autoritären Idioten, die nicht einmal besonders gescheit sind.“

Ich hab das als sehr befreiend empfunden.

Ela: Es gibt da diese oage Kurzgeschichte von der Nöstlinger. Da geht ein Typ in Pension und sitzt dann deppat im Wohnzimmer herum und beobachtet seine Frau bei der Hausarbeit. Und nach ein paar Tagen erklärt er ihr, dass sie ur viele Umwege macht und sie könnte total viele Schritte sparen, wenn sie ein wenig anders gehen würde.

Stefan: Das beschreibt irgendwie auch das Verhältnis von Religion zu Frauen. Gott beobachtet und stellt fest: Frauen sind zu aufreizend gekleidet und lässt ihnen das über seine beauftragten Männer mitteilen.

Ela: Gott erschafft also Frau, um ihr dann auszurichten: „Du Schlampn, zieh dir was an!“

Stefan: … und die stehen dann an der Straßenecke und sitzen in den Cafés und lassen die Frauen das spüren und zeigen durch sexuelle Gewalt permanent die Grenzen auf.

Ela: Weil sie der Meinung sind, dass Frauen keine gleichwertigen Personen sind, dass man die (wie früher Kinder und Tiere) bissl schlagen muss, damit sie sich benehmen.

Stefan: Wir sind ja Erben der Griechischen Philosophie. Also unser aufgezeichnetes Denken beginnt mit Homer und da sind schon interessante Parallelen zu heutigen patriarchalischen Denkmustern drin. Der Perikles sagt in der Überlieferung vom Thukydides „Am größten ist der Ruhm der Frau, von der bei den Männern in Lob und Tadel am wenigsten die Rede ist.“ Also die Frau hat, wie im Scharia Recht, keinen Platz in der Öffentlichkeit. Nur das es bei den Griechen zumindest Priesterinnen gab und Philosophinnen, die durften dann sogar beim Festmahl dabei sein. Die Frau des Hauses übrigens nicht. Aber das ist dann auch wieder so eine Ideologie, die alles mit den Hoden lösen will. Also sicher wieder was von einem Philosophen, oder?

Ela: Die Frauen in Athen sind gesetzlich ja Kinder geblieben und waren immer unter männlicher Vormundschaft. Frauen konnten ohne Aufsicht nicht das Haus verlassen. Die haben sogar in einem eigenen abgetrennten Teil des Hauses gelebt. Unter Solon blieben Athenerinnen selbst nach der Heirat unter der Kontrolle ihres Vaters. Athener durften übrigens keine Athener als Sklaven verkaufen, es sei denn es handelte sich um Vater und Tochter und zweitere hatte vor der Ehe ihre Unschuld verloren.

Apropos. Schopenhauer hält Frauen für eine Zwischenstufe zwischen Kind und ausgewachsenem Mann. Ein Mann ist nobel und gar perfekt, er reift erst später als die Frau, denn je nobler und perfekter ein Ding ist, desto langsamer und später erreicht es seine Reife. Von Reife kann man aber eigentlich bei der Frau gar nicht sprechen, denn sie bleibt ein Leben lang ein großes Kind. Sie verfügt über nur rudimentär vorhandenen Scharfsinn. Sie ist geradezu intellektuell kurzsichtig, sie hat ein begrenztes Blickfeld, sie denkt weder an die Vergangenheit, noch an die Zukunft. Zwar besitzt sie die Hauptelemente die einen rechtschaffenen Charakter ausmachen, dafür fehlt es ihr an sekundären Qualitäten die bei der Formation eines solchen Charakters benötigt werden. Dies führt dazu, dass sie keinen Sinn für Gerechtigkeit hat, weil es ihr an Verstand und Bedacht fehlt.

Da hauts den Schopenhauer dann wieder ein wenig auf die Goschn, weil dann behauptet er, dass Frauen deshalb auf List, Heuchelei und Täuschung zurückgreifen müssen. Wenn sie aber mental so einfach gestrickt sind, dann verwundert es doch recht stark, wie sie mit ihrem kaum vorhanden Verstand zur List überhaupt fähig sein sollen. Aber das lässt sich bestimmt wieder mit dem Sextrieb des Mannes erklären, der seinen Verstand trübt, der auch dazu führt, dass Frauen, die laut Schopenhauer mit ihrer Kleinwüchsigkeit, ihren schmalen Schultern, den breiten Hüften und kurzen Beinen, eigentlich das unästhetische Geschlecht genannt werden sollten, trotzdem als das schöne Geschlecht gelten. Es fehlt ihnen an rein objektivem Interesse an der Kunst, an der Poesie, Musik… Ihr Interesse ist reine Simulation, es beschränkt sich darauf, durch ihr Interesse das Interesse eines Mannes an ihnen zu erwecken. Dies, und nicht, dass ihnen der Zugang zu diesen Bereichen verwehrt blieb, ist der Grund, weshalb im Laufe der Geschichte kaum Kunstwerke berühmter Künstlerinnen bekannt wurden.

Stefan: Kunst von Frauen ist immer aktiv unterdrückt worden. Also selbst wenn sie sich künstlerisch betätigt haben, sieht man in vielen Einzelbiographien dann, wie ihre Männer sie nicht wertschätzen und behindern. Die Vereinbarkeit von Familie und künstlerischer Tätigkeit steht oft im Vordergrund. Es gibt mehrere überlieferte Ehegelübde von heute noch bekannten Künstlern, die beinhalten, dass sich ihre Frauen gefälligst nicht zu sehr der Kunst widmen sollen. Gustav Mahler empfand es als Selbstverständlichkeit, dass seine Frau Alma, ihre eigene Kompositionstätigkeit aufzugeben hat. Malerinnen wie Charlotte Andri-Hampel, Gattin von Maler Ferdinand Andri, und Doris Engelhart, Gattin von Maler Josef Engelhart, stellten nach der Verehelichung ihre künstlerische Tätigkeit ein. Schopenhauer hatte ja keine Frau. Der hat mit Pudeln fraternisiert.

Ela: Aber Schopenhauer ist da noch nicht einmal der Schlimmste, was seine Meinung über Frauen anbelangt. Den Vogel schießt Otto Weininger mit dem fettesten Incel-Manifest aller Zeiten ab, das er 1903 veröffentlichte, bevor er Selbstmord beging, „Geschlecht und Charakter“. Weininger war überzeugt, dass „jede einzelne Zelle eine Sexualität besitzt“. Dies sah er etwa in der „Tatsache“ bestätigt, dass bei einer Bluttransfusion das Blut durch „Blut eines gleichgeschlechtlichen Wesens“ ersetzt werden muss. Weininger geht davon aus, dass Emanzipationsbedürfnis und –fähigkeit einer Frau davon abhängt, wie viele Anteile Männlichkeit sie besitzt. Unter Emanzipation versteht er den „Wille(n) eines Weibes, dem Manne innerlich gleich zu werden, zu seiner geistigen und moralischen Freiheit, zu seinen Interessen und seiner Schaffenskraft zu gelangen“, denn all dies liegt weder in den Bedürfnissen, noch in der Fähigkeit der Frauen. Doch nicht nur hat die Frau, die zur Emanzipation fähig ist, zu viele männliche Anteile, sie nähert sich auch körperlich dem Mann an.

Eine homosexuelle Frau ist Weininger zufolge männlicher und damit höherstehender als eine heterosexuelle Frau. Homo-, mindestens aber Bisexualität ist bei Weininger Grundbedingung für Frauen mit zumindest „nur einigermaßen in Betracht kommender Begabung“. Seine Theorie, dass Schriftstellerinnen Männernamen annahmen, weil sie sich als Männer fühlten, nicht, weil sie dadurch eher ernst genommen wurden, ist fast so amüsant, wie jene Schopenhauers über die Unfähigkeit der Frau zur Kunst. Weiningers Pamphlet ist ein einziger Zirkelschluss. Es beginnt mit der Annahme Frauen seien nicht zur Emanzipation bestimmt und endet mit dem Fazit: weil Frauen nicht zur Emanzipation bestimmt sind. Das Emanzipationsbedürfnis von Frauen begründet er mit den Männlichkeitsanteilen jener Frauen mit Emanzipationsbedürfnis, was er versucht mit der Sexualität, und/oder Physiognomie von willkürlich ausgewählten, ihm durch Promiklatsch geläufigen und für eine Frau begabt erscheinenden, Künstlerinnen und Autorinnen zu belegen. Die einzige Möglichkeit wie Weininger gleichzeitig rechthaben und trotzdem diesen logischen Fehlschluss publizieren konnte, ist, dass er zu viele weibliche Anteile in sich trug.

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Richard B. Godfrey (1728 – N/A), Public domain, via Wikimedia Commons