Die Sparanstalt oder die „Huren der Reichen“ sind back baby!

Nachdem die Pilnacek-Kommission bereits vor einiger Zeit aufgezeigt hat, dass es in Österreich eine Zwei-Klassen Justiz gibt, nachdem die Zwei-Klassen Medizin in vielen Bereichen etabliert ist und das Gesundheitssystem auf dem Weg der Vollbeschädigung ist, beweist die neue Koalitionsregierung aus den Erbparteien des alten Faschismus und Nationalsozialismus, welche Politik sie am liebsten machen würde. Diesmal mit der Ausrede des EU-Defizitverfahrens und – Stoßseufzer der Erleichterung – ohne (vorerst) einen weiteren Weltkrieg anzufangen.

Die EU sagt, es muss gespart werden. Ok, das muss ich jetzt mal so akzeptieren. Die unfreiwillig komischen Vertreter dieses freiwillig komischen Volkes haben das, entgegen der laut vorgetragenen EU-Skepsis der einen, und jahrzehntelanger Wirtschaftskompetenz mit jahrzehntelang angestrebtem Nulldefizit der anderen, auch überraschend schnell akzeptiert. Da kann man halt nichts machen und das hätte sich auch niemals verhindern lassen. Also von einem Finanzministerium z. b. das seit 1997(!) durchgängig in ÖVP-Hand war. Die können nichts dafür. Das sind ja Dinge die sind erst jetzt passiert und die anderen sind schuld. Also die jeweils anderen. Kommt drauf an mit wem grad koaliert wird.

Jedenfalls haben die Wohlhabenden jetzt die von ihnen lange ersehnte Worst-Case-für-alle-Anderen-Regierung zurück! Die „Huren der Reichen“ sind wieder an der Macht und diesmal lassen sie es von Anfang an Krachen. Die Sparmaßnahmen, „keine Steuererhöhungen“ (haha), betreffen in unerträglichem Maß zuerst mal die Armen, Prekären und Absteigenden im Land.

Das Arbeitslosengeld wurde ja schon sang und klanglos für viele unter das Existenzminimum gesetzt. 55% des Gehalts reichen bei den meisten nicht einmal um die Miete zu zahlen. Jetzt ist die Zuverdienstmöglichkeit gestrichen worden. Man kratzt sich am Kopf und fragt sich, wie dadurch Geld eingespart werden soll, denn diejenigen, die nicht arbeiten, weil sie kein Interesse daran haben und die sich nur ab und zu etwas zum Arbeitslosengeld dazuverdienen wollen, werden dies auch weiterhin „schwarz“ tun und für die anderen sind schlichtweg keine passenden Jobs da. Das Ziel ist klar: Menschen die, unter den Bedingungen von vor wenigen Jahren Zeit gehabt hätten sich neu aufzustellen, sollen unter existenziellen Druck geraten. Energiekostenverzug und Wohnungsverlust sowie, als Reaktion darauf, Aufnahme überteuerter Kredite, sind nur die Spitze des Eisbergs an negativen Nebeneffekten, die soziale Abwärtsspiralen erzeugen. Aber viel wichtiger ist, dass unter diesen Bedingungen ein Jobverlust wirklich mit einem Existenzverlust einhergehen kann. Die dadurch erzeugte Panik dient den Interessen der Arbeitgeber, der Industrie und deren Lobbyisten im Parlament. Jeder kann unter diesen Bedingungen gezwungen werden beinahe jeden Job anzunehmen. Unabhängig von Qualifikation, Belastbarkeit, Chancengerechtigkeit oder Tauglichkeit. Mit einem Schritt in Richtung der Abschaffung grundlegender Menschenrechte. Man fragt sich was sich eine Gruppe dabei denkt solche Maßnahmen durchzusetzen, die ansonsten immer vom Schreckensgespenst des Kommunismus träumt, von dem ja gerade – im Gegensatz zum „freien Markt“ – behauptet wird er mache alle gleich (schlecht) und zwinge dadurch die Leute dazu unabhängig von den eigenen Qualifikationen jede Arbeit anzunehmen. Und das alles, weil diese Regierung damit rechnet, dass dadurch ein Sparpotential von 85 Millionen erreicht werden könnte. Eine lachhafte Summe für den Preis der dafür zu zahlen sein wird.

Dazu passt die Abschaffung der Bildungskarenz. Sie war bisher das Rettungsnetz der prekär Beschäftigten, etwa in der Projektarbeit im sozialen Bereich. Wenn ein Projekt auslief, konnte man einige Mitarbeiter in einer Karenz parken und sie dann wieder zurückholen, wenn ein neues Projekt aufgestellt war. Diese Menschen werden jetzt alle in der Arbeitslosen landen. Ob das den gewünschten Effekt hat? Wahrscheinlich schon. Denn sie werden von dort aus in dequalifizierte Stellen gedrängt werden, und nicht nur geht dann ihre Erfahrung verloren, es wird auch dünn werden mit der ohnehin dünnen Schicht an Menschen, die sich einen Job im Sozialbereich überhaupt noch antun.

Und dann wird die Österreichsuppe überhaupt dünn werden. Dann haben wir die berühmten „amerikanischen Verhältnisse“, nur schlimmer. Denn abgesehen davon, dass wir schon mehr Steuern zahlen als die „Amis“, werden die Steuern weiter erhöht werden. Indirekt wurde das schon beschlossen. Autofahren und Energiegewinnen wird für Private teurer. Wissen das die Pendler und Häuslbauer unter den ÖVP-FPÖ-Wählern nicht? Während sich also die Pierers und Benkos, gut lobbyiert und weitgehend steuerbefreit in ihren Luxusanwesen mit Direkt-Draht zur Regierung, einen Mocca servieren lassen, wird die Zeche des EU-Defizitverfahrens von allen anderen bezahlt. Und die Frage bleibt: Wenn wir dieses Verfahren abwenden und dann vielleicht sogar ein Nulldefizit erreichen, rettet uns das dann den sozialen Arsch? Denn Infrastruktur lässt sich durch Nulldefizite nicht erhalten und schon gar nicht ausbauen. Gesundheitssysteme erfahrungsgemäß auch nicht. Lebensqualität ist im Grunde unbezahlbar, aber sie wird durch Sparen nicht erhalten werden können.

Das Rote Schaudern

Wer am 28. Mai 2023 einen Blick in die unabhängigste Zeitung Österreichs geworfen hat, wird vielleicht in der Rubrik Leserbriefe über die Meinung der neuen alten Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner gestolpert sein, die dort unter dem Titel „Gegen die Extreme“ vor allem gegen das eine Extrem anschreibt, ironischerweise jenes, das in der österreichischen Politik bisher am wenigsten Schaden angerichtet hat: den Kommunismus, in der Gestalt der KPÖ.

Zwar beginnt sie ihren Appell mit der Erinnerung an die „große und lange Geschichte“ Österreichs, und da muss pflichtbewusst natürlich auch an das „Schreckensregime des Nationalsozialismus“ erinnert werden. Der diesem vorangegangene austrofaschistische Ständestaat fällt Mikl-Leitner aber dann schon nicht mehr ein, obwohl sie selbst ihre politische Heimat in der Nachfolgepartei der Austrofaschisten gefunden hat. Mikl-Leitner ist die Ziehtochter des ehemaligen niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll, der Engelbert Dollfuß als „mutige(n) Patriot im verzweifelten Abwehrkampf gegen den Nationalsozialismus“ bezeichnete. Welche Rolle im Widerstand die KPÖ wohl gespielt hat, die leider 1933 von Dollfuß verboten wurde? Man kann es nur vermuten, aber selbst das tut Mikl-Leitner nicht.

Schaudernd stellt sie fest, „dass die Ideen des Marximus, die zu den Verbrechen des Kommunismus geführt haben, bei vielen offenbar kein Schaudern mehr auslösen.“ Das begründet sie mit den „selbstzersetzenden Kräfte(n) der Sozialdemokratie“ – lese ich da ein wenig Bedauern darüber heraus, dass man auf diese Sozialdemokratie angewiesen ist? –  die die KPÖ „für viele inzwischen zur charmanten linken Alternative“ mache. Über die rechte „Alternative“ macht sich Mikl-Leitner weniger Sorgen, obwohl diese für die österreichische Geschichte eine weit fatalere Rolle gespielt hat. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass seit 23. März 2023 der niederösterreichische Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer heißt und man mit der Kritik an der KPÖ von den Extremen in den eigenen Reihen ablenken will. Die zur Schau gestellte obligatorische Distanzierung vom Nationalsozialismus ist inzwischen selbst zum leeren Ritual verkommen, um über gegenwärtige rechte Problematiken nicht reden zu müssen vergleichbar mit einer Art #NoHomo für NS-Relativierer, das, am Ende des Satzes verwendet, das Ziel hat zu unterstreichen, dass die Aussage oder Handlung des Sprechers keine absichtlichen rechtsextremen Implikationen hatte.

Udo Landbauer ist Parteiobmann der niederösterreichischen FPÖ, der Nachfolgepartei des VdU (Verband der Unabhängigen), 1949 als Vertretung für ehemalige NSDAP-Mitglieder begründet. Udo Landbauer warb einst um Spenden für die rechtsextremen „Jungen Patrioten“ und ihr Liederbuch in dem sich neben „Volks- und Soldatenliedern“ auch nationalsozialistische Weihnachtslieder und BDM-Lieder fanden. Landbauer war zudem Mitglied in der schlagenden deutschnationalen und rechtsextremen Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, großteils ebenso bestehend aus Liebhabern qualitativ hochwertigen Liedgutes wie dem medial bekannt gewordenen antisemitischen Lied, in dem es heißt: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.“ 2018 noch hatte Neubauer Mikl-Leitner als „Moslem-Mama“ bezeichnet und ihr die „Zwangsislamisierung“ Niederösterreichs vorgeworfen.

Man möchte Mikl-Leitner eingehend darum bitten sich doch die eigenen Worte zu Herzen zu nehmen: „Die Funktionäre der [ÖVP und FPÖ] sind ja keine naiven kleinen Kinder. Sie setzen ganz bewusst darauf, mit Regimen wie [dem Dritten Reich und dem Faschistischen Regime in Italien] in Verbindung gebracht zu werden, und verharmlosen damit die Verbrechen der [Nationalsozialisten und Austrofaschisten]. Das ist entweder geschichtsvergessen oder niederträchtig – aber auf jeden Fall: verantwortungslos.“