Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) und Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec lieferten dazu gleich einige Details. Im Standard-Interview (Ausgabe vom 3./4. August 2024, S.9) gefragt, ob sie als Großmutter in Karenz gehen wolle, antwortet Korosec: „Nein, weil ich in der Politik bin und das Gefühl habe, dass ich hier noch etwas gestalten und bewirken kann.“ – Na dann: Alle anderen Großeltern die nichts „gestalten und bewirken“ können, bitte kümmert´s euch gefälligst um eure Enkelkinder. Spart dem Staat Geld, welches er sonst in einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung und bessere Gehälter investieren müsste und geht´s bitte einfach in Karenz.
Das Problem mit der Großelternkarenz
Das Problem mit der Großelternkarenz endet aber nicht dabei, dass man die Aufgaben des Staates auf Privatpersonen auslagert, sondern hat weitreichendere Folgen. Denn welches Großelternteil wird wohl am ehesten in Karenz gehen? Ja richtig – die Oma. Erstens birgt die Großelternkarenz die Gefahr, dass sich weniger Väter bemüßigt sehen, sich die Karenzzeit mit der Kindesmutter zu teilen. „Bei 45,9 % der Paare mit Kindern unter 15 Jahren im selben Haushalt war 2022 der Mann auf Vollzeitbasis und die Frau auf Teilzeitbasis erwerbstätig, bei 17,6 % war ausschließlich der Mann erwerbstätig. Bei 15,2 % der Paare mit Kindern unter 15 Jahren im selben Haushalt waren sowohl der Mann als auch die Frau vollzeiterwerbstätig. In 9,2 % der Fälle war eine Person, meistens jedoch die Frau, in Elternkarenz.“, heißt es im Infotext „Gender-Statistik“ der Statistik Austria. Sieben Prozent der Männer und rund 74 Prozent der Frauen haben Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Kinderbetreuungspflichten, zeigt eine Statistik Austria-Studie aus dem Jahr 2018.
Frauen im Nachteil
Zweitens: Nicht nur, dass sich der Herr Vater nun zurücklehnen kann und die Kinderbetreuung der Oma überlassen kann, nun kommt auch dazu, dass die Großmutter schon als Mutter höchstwahrscheinlich in Karenz gegangen ist. Das heißt mehr Karenzzeit, weniger Arbeitszeit und das schlägt sich wieder auf das Pensionsgeld nieder. Frauen, die schon weniger verdienen, werden also nun doppelt verarscht. Denn zuerst dürfen sie alleine in Karenz gehen, dann landen sie oft in Teilzeit und danach kommen sie als Omi noch einmal an die Reihe.
Großelternkarenz: Die Lösung für alles?
Drittens: Nicht jeder hat eine fitte Omi, die sich um den Nachwuchs kümmern kann. Wenn wir gezwungen sind, für unser Geld und unseren Wohlstand zu Arbeiten, dann sollte wenigstens die Betreuung der Kinder (die ja in unserem System das künftige Humankapital sind) nicht auch noch auf Privatpersonen allein abgewälzt werden.