Unter Herausgeberinnen 3. Männer + Hoden + YouTube + Gewalt – Teil 1


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Ela: Der Mann ist laut Aristoteles der Frau von Natur aus überlegen und damit dazu bestimmt sie zu beherrschen.

Stefan: Jetzt wird der Briefkasten übergehen mit den Beschwerden von akademischen Philosophen. Weil das kann man ja nicht so undifferenziert sagen. Der Aristoteles hat das sicher irgendwie philosophisch gemeint. Wenn man sowas aus dem Zusammenhang reißt und ohne Fußnote einfach hinstellt, dann ist es notwendig falsch. Also wir machen uns völlig unglaubwürdig gerade.

Ela: Das ist lustig, das sagen sie auch immer bei den heiligen Büchern. Glaubwürdigkeit ist in dem Zusammenhang ein großes Thema. Weil es oft drauf ankommt, ob etwas ein Mann erzählt. Die Frauen übertreiben immer so. Sie landen meistens in den Apokryphen.

Stefan: Die Frauen machen ja auch immer die falschen Diskriminierungserfahrungen. Weshalb dann Journalisten sich als Frau verkleiden müssen, um mal aus erster Hand zu erfahren was Diskriminierung bedeutet.

Ela: Ja. Ich find es gut, weil die sind von Geburt an objektiv. Spatzimeter haben die eingebaut.

Stefan: Frauen sehen alles subjektiv. Männer haben ihre objektiven Hoden, wie ja schon Hegel geschrieben hat. Insofern hast du uns mit deiner einleitenden Behauptung doppelt in Teufels Küche gebracht. Sollen wir die jetzt nachträglich noch rausnehmen? Sonst kommen die Philosophen und halten uns ihre ontologischen Hoden hin.

Ela: Nein das bleibt drinnen.

Stefan: Ok.

Ela: Ich liebe es immer so, wenn manche Männer bei sexueller Belästigung oder sexuellen Übergriffen von feschen Frauen auf Minderjährige sagen „Also von der wäre ich als Kind auch gern missbraucht worden“. Hoits bitte eicha blede Pappn.

Stefan: Von der Asia Argento zb?

Ela: Ja. Oder irgendwelche hot teacher (pornogeschädigt).

Stefan: Ich glaub dass viele Menschen mit Hoden den Begriff „Missbrauch“ inhaltlich nicht verstehen wollen.

Ela: Ich glaub das sind dieselben Leute, die dann behaupten Frauen sehen es nur als sexuelle Belästigung, wenn jemand schirch ist, wenn jemand hübsch ist, ist es ok.

Stefan: Es dürfte schon so sein, dass Männer es kulturell ausnützen, dass sie durchschnittlich und schematisch betrachtet körperlich kräftiger sind als Frauen. Außer bei den ständig vorgezeigten Hoden. Da haben sie ihre Achillesferse. Apropos, in der Ilias (die auch von einem Mann geschrieben wurde wahrscheinlich) kommt eine Frau namens Briseis vor. Im Film Troja mit Brad Pitt trifft Achilles Briseis zum ersten Mal, da ist sie schon eine Gefangene. Sie ist an eine Zeltstange gefesselt und sieht sehr mitgenommen aus. Der Youtuber, der die Filmszene reingestellt hat, hat übrigens drunter geschrieben: „I love this part, Achilles looks SO hot here… Almost unstandable.“. Da sprechen wiedermal die Hoden. Aber abgesehen davon ist Briseis die Tochter von einem Fürsten, der mit Troja verbündet war und bereits von den Griechen fertiggemacht worden ist. Historisch gesehen kommt sie, als sie auf Achilles trifft, vielleicht gerade aus einem Vergewaltigungscamp der griechischen Soldaten. Aber der nächste Mann, der das Recht haben wird sie zu vergewaltigen, ist eben Achilles, und der sieht SO hot aus, dass alles andere zur Nebensache verkommt.

Ela: Das war sicher ein Incel, der das hochgeladen hat. Die sind ja auch von den Griechen besessen. Vergleichen sich selbst mit Hephaistos, der als besonders hässlich den prototypischen unfreiwilligen Zölibatären repräsentiert, während das Objekt ihrer Begierde, Aphrodite (die unerreichbare Stacy), sich mit Ares (dem Chad) vergnügt. Auch lustig, dass sie Feministinnen mit Gorgonen vergleichen, weil die auch angeblich so hässlich waren, aber natürlich nicht in jeder Version der Geschichte. Die Medusa ist in einer Version von Poseidon vergewaltigt worden, in der andren „lag“ mit ihr „der Dunkelhaarige (Poseidon) auf einer weichen Wiese inmitten von Frühlingsblumen“.

Stefan: Molly Haskell schreibt in ihrer erhellenden Studie „From reverence to rape. The treatment of women in movies“, dass Frauen in den meisten Filmen, aufgrund der Logistik der Filmproduktion, die aus den ungeschriebenen Regeln der Gesellschaft hervorgeht, zu Projektionsflächen männlicher Werte degradiert werden. Entweder als Ergebnis der Projektion des Auteurs oder des Studiosystems. Frauen treten als Vehikel männlicher Fantasie auf.

Ela: Das zieht sich eh so durch. Der Tarantino zb. baut in jeden seiner Filme seinen Fußfetisch ein. Ich hab mir zuletzt wieder Fight Club angeschaut, weil ich einigermaßen perplex war, dass der Film und das Buch so eine Art Bibel für Incels ist. Ich mein, die müssen die Satire ja komplett ausblenden. Der Typ bastelt sich quasi unbewusst eine zweite Persönlichkeit, die das macht, was er sich nicht traut, was aber gleichzeitig eine Karikatur des Männlichkeitsbildes ist, das er romantisiert. Anfangs leidet er an Schlafstörungen und muss feststellen, dass er nur dann schlafen kann, wenn er ordentlich heult. Dafür besucht er verschiedenste Selbsthilfegruppen, für Leiden, von denen er selbst nicht betroffen ist. Am einfachsten fällt ihm das Heulen in einer Selbsthilfegruppe für Männer mit Hodenkrebs, an die riesigen Brüste von Bob gedrückt, der früher Bodybuilder war und dem die Hoden entfernt wurden. Lustigerweise heißt die Gruppe noch dazu „Remaining men together“ (Gemeinsam Männer bleiben). Dann fällt dem Narrator/Protagonisten auf, dass er nicht der einzige Tourist in den Selbsthilfegruppen ist, sondern es eine weitere Touristin gibt, Marla Singer, die so frech ist, die Hodenkrebs-Gruppe ebenso zu besuchen, denn im Gegensatz zu ihm hat sie zumindest keine Hoden, also mehr Recht auf die Teilnahme. Er wirft Marla das vor, woran er sich selbst schuldig gemacht hat. Von Beginn an redet er sich ein, dass er sie verachtet, da ist er nicht weiter als ein Bub im Kindergarten, der Mädchen dumm findet. Eine potentielle Partnerin auf derselben Wellenlänge in ihr zu sehen, so weit ist er noch nicht.

Nebenher bastelt er bereits an seiner Persönlichkeitsspaltung, dem Übermensch-Alter-Ego Tyler Durden, das sich damit brüstet sich gegen Konsumerismus einzusetzen und predigt ihn zu befreien. Im Endeffekt erschafft er sich also eine Persönlichkeit, nur damit er der Realität entflieht und keine Verantwortung übernehmen muss, weil er Angst hat eine Beziehung mit einer erwachsenen Frau einzugehen, denn das würde für ihn den Verlust seiner neu gewonnen Freiheit bedeuten, sich wöchentlich im Fight Club mit anderen Männern zu treffen und sich gegenseitig den Schädel einzuschlagen. Gleichzeitig beginnt aber Tyler Durden eine Fickbeziehung mit Marla Singer, weil ganz kann der Narrator die Anziehung zu ihr anscheinend nicht abspalten. Da gibt’s auch die lustige Szene, wo Durden einen Dildo auf ihrer Kommode entdeckt und sie zu ihm sagt „Keine Sorge, der ist keine Gefahr für dich!“ Der Protagonist ist relativ genervt von den Besuchen Marlas bei Tyler Durden, weil sie (wieder einmal) in seinen Raum eindringt.

Tyler Durden hat große Pläne und aus dem Fight Club entwickelt sich schließlich das Project Mayhem, in dem die anfangs so freie Männergruppe streng hierarchisch organisiert, einem Kult gleichend, sich ihrem Anführer Tyler Durden unterwirft. Das geht wiederum mit einem Individualitätsverlust einher. Sie haben keine Namen, bis sie sterben. Der Narrator bemerkt inzwischen, dass seine Erinnerungslücken immer größer werden. Er reist Tyler Durden durch die USA hinterher und muss erkennen, dass er selbst Durden ist und zudem einen Terroranschlag auf die großen Kreditkartengebäude San Franciscos plant. In dem Moment wo der Protagonist sich seiner romantischen Gefühle für Marla Singer bewusst wird und Tyler Durden Andeutungen macht, sie loswerden zu wollen, denn sie steht dem Narrator und der Ideologie im Weg, beschließt er endlich sich auf die Beine zu stellen, schießt sich ins Gesicht und erschießt damit Durden. Zum Schluss steht er Händchenhaltend mit Marla Singer am Fenster und schaut dabei zu wie ein Gebäude nach dem anderen zusammenstürzt.

Ich mein, wie ist es möglich die Ironie so stark zu verdrängen, dass man Tyler Durden als Vorbild heranzieht und den Blödsinn, den er verzapft in sich aufsaugt als handle es sich um eine Religion? Allein die Aussage „Wir sind eine Generation von Männern, die von Frauen erzogen wurden, ich weiß nicht, ob eine weitere Frau wirklich die Antwort auf unsere Fragen ist.“ Ich mein, welche Generation wurde nicht von Frauen erzogen?

Stefan: Der Fußballer Ronaldo ist ja dafür bekannt, dass seine Liebe zu seiner Mutter „ebenso imposant wie sein Kontostand“ ist, schreibt irgendeine Zeitung im Internet. Der wohnt mit seiner Mutter zusammen und kümmert sich um sie. Weil er ihr so dankbar ist für ihre Erziehung. Mit anderen Frauen nimmt er es vielleicht nicht so genau. Aber um Ironie zu verstehen, müsste man vielleicht wissen warum ein Kater Stiefel trägt.

Beim Friedrich Schlegel gibt’s die Überlegung, dass es ironisch ist, wenn ein Kunstwerk seine eigenen Produktionsbedingungen gleich mit thematisiert. Der Film Fight Club hat in seinem ganzen Pathos auch etwas Ironisches. Die Abspaltung des Hauptdarstellers, die Figur die von Brad Pitt gespielt wird, ist so männlich, dass es weh tut. Das fängt schon beim Wohnen an. Aber setzt sich in jeder Geste fort. Auch das lässige Rauchen beim Kämpfen oder kurz vorm Kämpfen. Und diese Selbstgefangenheit, die du vorher so schön beschrieben hast. Dieser schmächtige Mann bricht aus dem Käfig des Großraumbüros aus, befreit sich von der Autorität seines Chefs und verlässt seine Ikea Wohnung um in einer Ruine zu hausen in der ständig Wasser von der Decke tropft. Diese Flucht ist rein materiell betrachtet schon deshalb männlich, weil sie dumm ist. Und das reflektiert dann im Kunstwerk die Produktionsbedingungen der Kunst gleich mit. Weil wenn es in diesem Film um etwas geht, dann darum, dass man zwar aus den unmännlichen Zusammenhängen der Zivilisation leicht rausspringen kann. Aber dann im Endeffekt nur in der Männersteinzeit landet, in der Mann dann Bandenchef werden muss um überleben zu können.

Der IS kritisiert übrigens auch Konsumerismus und prangert die Dekadenz der westlichen Konsumgesellschaften an. (Als gäbs im globalen Kapitalismus Gesellschaften die keine Konsumgesellschaften sind. Zählts mal die Plastiksackerln die nach der Eroberung von Rakka herumgelegen sind.) Und die haben sogar ähnliche Neurosen. Verbindend wirkt sicher der Hass auf Frauen.

Ela: Da gab es einmal einen Tumblr von einem IS-Kämpfer aus England in Syrien, der so eine Art Tagebuch drüber geschrieben hat. Die Seite gibt es leider nicht mehr, aber ich hab damals einen Eintrag davon übersetzt, das will ich dir nicht vorenthalten, weil es so lustig ist. Jeden Tag beim Mittagessen, schreibt er, wird die Essensausgabe einem von ihnen zugeteilt. Wenn er selbst an der Reihe ist, moniert er, drängen sich schon alle um ihn und er weigert sich so lange das Essen auszuteilen, bis alle zivilisiert am Tisch sitzen. Leider scheint seine Lehrmethode nicht so erfolgreich wie erhofft. „Die Araber“ sabotieren außerdem die in England so beliebte Bildung von Warteschlangen. Nicht nur das, auch administratorisch scheint ISIS Schwierigkeiten gehabt zu haben. So musste ein deutscher „Kämpfer“ nach seiner Heirat einen Monat lang auf einen Kühlschrank warten. Dennoch, so schreibt er weiter, soll man sich von diesen Schwierigkeiten nicht davon abhalten lassen sich dem Dschihad anzuschließen. „Die Lösung“ sei es „zu Allah zu beten, damit dieser die Araber (in der Administration) durch andere ersetzt, die wissen was sie tun.“ Das ist ja irgendwie wieder ein bisschen so das Problem, das du bei Fight Club mit der „Männersteinzeit“ angedeutet hast. Man begibt sich da quasi unbedarft in einen Zusammenhang der Vorzivilisation, der rohen Gewalt und wundert sich dann, dass sich das auch in anderen Bereichen fortsetzt. Aber immerhin hat er seinen Kühlschrank dann noch bekommen, also ja, Dschihadisten sind im Endeffekt auch Konsumenten. Ich glaub, wenn ich mir den Tumblr anschau, da sind auch ganz viele LARPer dabei, die einfach bisschen Kalifat spielen, am Abend aber am Liebsten doch im gemütlichen Bettchen in St. Pölten liegen würden. Also auch nichts andres, als dem Kater die Stiefel anzuziehen.

Stefan: Und vielleicht ist diese Reaktion des Publikums, dieses männlich-konsumistische Terrorspielen, auch ein Teil der Ironie. Der gestiefelte Kater von Tieck ist ja das erste Stück im deutschen Sprachraum in dem explizit ein Publikum eingeplant ist, das nach Plan des Autors auf das Stück reagiert und mit den Schauspielern planvoll interagiert. Bei Leuten die unvorbereitet sind, löst das natürlich Verwirrung aus. Tieck hat übrigens auch ein kleines Stück geschrieben, das sich „Die männliche Mutter“ nennt. Darin rettet eine Mutter ihre Tochter indem sie sich als Graf verkleidet und um ihre Hand anhält.

Ich glaube viele Rollenklischees gibt es ja deshalb, weil Menschen Ironie nicht verstehen. Kant beschreibt die Ehe so, dass man eigentlich gar nicht anfangen mag damit. Die Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum „lebenswidrigen wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften“ und zu den Geschlechtseigenschaften gehört nun mal dazu, dass die Frau schwächer ist als der Mann und beruflich ungeeignet und daher das Eigentum des Mannes.

Ela: Kant hat ja auch gemeint moralisches Verhalten ist es besonders dann, wenn man etwas tut wozu man eigentlich keine Lust hat, aber weiß, dass es das Richtige/Vernünftige ist. Frauen sind das schöne Geschlecht, im Gegensatz zum noblen Geschlecht der Männer, und damit sind sie quasi gar nicht in der Lage RICHTIG moralisch zu handeln, weil sie so sanfte, oberflächliche, aber einfühlsame Wesen sind und das ihr Naturell ist. Zu Prinzipien sind sie nicht fähig. Sie streben nach Tugend, weil sie (moralisch) schön ist! Sie machen Dinge aus Mitgefühl, nicht aus Pflichtbewusstsein oder Vernunft, Igitt! Moralisch ist es nur, wenn einem davor graut! Wenn es einen nicht mindestens reckt, dann hat es keinen Wert!

Stefan: Es muss jemand geschädigt werden, sonst ist es keine Moral! Und da das so ist, dann bitte eine Frau schädigen, weil die Männer sind zu wertvoll, weil sie so moralisch sind.

Ela: Moral sollte stets Selbstverleugnung, wenn nicht sogar Selbstverletzung beinhalten!

Stefan: Schiller ist da ein wenig nachsichtiger, wenn er konstatiert, dass die Frau nicht unterworfen, sondern eher als Partnerin angesehen werden sollte. Sie ist zwar zu sachlichem Gespräch, Abstraktionsfähigkeit und selbsttätiger Vernunft nicht in der Lage, aber dafür für Gefühl und Phantasie zuständig und sowas kann ein Künstler immer an seiner Seite brauchen. Künstlerisch sollten sich die Frauen bei Schiller aber trotzdem nicht betätigen. Das wär bissl zu viel wegen ihrer Tendenz zur Mütterlichkeit. Wobei diese Mütterlichkeit beinahe immer auch Hausarbeit miteinschließt. Also den Bereich der Arbeit, der bis heute nur widerstrebend anerkannt und noch widerstrebender bezahlt wird, wenn überhaupt.

Goethe ist ja ein Freund Schillers gewesen und lässt in den Gesprächen mit Eckermann folgendes ausrichten: „Die Frauen sind silberne Schalen, in die wir goldene Äpfel legen.“ Das braucht sicher eine eingehendere Analyse. Müsste man mal im Eissler nachschlagen. Macht ja eh wieder niemand.

Aber ein anderer Mann, der wahrscheinlich eine Psychoanalyse gut vertragen hätte, war der Fichte. Der Philosoph der Freiheit, der Eroberer der Subjektivität, der revolutionäre Denker und Denker der Revolution sieht den Mann als Verwalter aller Rechte der Frau. Fichte war wahrscheinlich ein genialer Denker, aber er hat sich nachweislich mit menschlichen Beziehungen und dem Leben im Allgemeinen sehr schwer getan, mehrere gute Posten verloren, sich mit allen Förderern zerstritten und immer Geldprobleme gehabt. Also ein Philosoph, der zeitlebens einen Sachwalter gebraucht hätte, hält Frauen für ungeeignet sich selbst politisch zu verwalten. Für diesen Philosophen der Freiheit ist die Freiheit der Frau eher eine Nebensache. Für ihn ist der Mann natürlicher Repräsentant im Staate und die Frau halt ohne ihn überfordert ihre Rechte auszuüben.

To add insult to injury, fügt Hegel dem noch eine Zote auf der sexuellen Ebene hinzu. Nämlich, dass der männliche Testikel das tätige Gehirn ist, die Klitoris aber nur das untätige Gefühl. Ist ja bekannt, dass Hoden die ur Action machen beim Sex, die Klitoris ist dagegen zum Handeln total unfähig.

Ela: Naja das erinnert mich ja wieder an Aristoteles, der auch gemeint hat, dass Frauen beim Fortpflanzungsprozess so eine Art Gefäß sind – ist das wieder die silberne Schale vom Goethe? – dessen Beitrag nur darin besteht das Material zur Verfügung zu stellen, während der Mann das Prinzip der Bewegung selbst beisteuert, ohne die kein Leben entstehen kann!!!

Stefan: Eigentlich interessant wie naiv diese Vorstellungen sind. Also wenn dieser Volltopfen sich nicht aus der Philosophie heraus wieder zurück in die Gesellschaft gedrückt hätte, dann wär‘s fast lustig. Dass man so spürt, diese gscheiten Männer haben die halbe Menschheit eigentlich gar nicht verstanden.

Ela: Thomas von Aquin hat von der aktiven Zeugungskraft von Männern gesprochen, im Gegensatz zum passiven Prinzip bei den Frauen. Am oberen Ende der Skala befindet sich der Mann, der eine noblere Funktion einnimmt, der Dinge versteht, da freut sich der Kant. In ihrer Natur ist die Frau mangelhaft (Manqué). Das aktive Prinzip der Fortpflanzung im Samen des Mannes tendiert dazu etwas ähnlich perfekt maskulines wie den Mann selbst zu erschaffen, während weiblicher Nachwuchs das Resultat einer Schwäche dieser aktiven Kraft ist, einer Untauglichkeit des Materials, einer Veränderung die durch externe Einflüsse hervorgerufen wird. Bezogen auf die gesamte Spezies aber ist die Frau nicht mangelhaft, denn schließlich ist ohne sie keine Fortpflanzung möglich.

Interessant ist, dass das Y-Chromosom ja eine Mutation des X-Chromosoms ist. Gleichzeitig wurden aber historisch diese ganzen Mythen aufgebaut, die aus der Frau die Abweichung machen wollen, während es eigentlich umgekehrt ist.

Leicht abgewandelt kommt das Thema in der Krimiserie „The Fall“ mit Gillian Anderson vor. Da geht es um einen Serienfrauenmörder in Nordirland. Gillian Anderson, in ihrer Rolle als Stella Gibson, antwortet auf die Frage eines Kollegen und ehemaligen Liebhabers „Warum sind Frauen emotional und spirituell so viel stärker als Männer?“: „Die menschliche Grundform ist weiblich. Männlichkeit ist eine Art Geburtsfehler.“ Später zitiert Gibson auch eine Aussage die Margaret Atwood zugeordnet wird. Die hat erzählt, dass sie einmal einen männlichen Freund fragte, warum sich Männer von Frauen bedroht fühlten. Er antwortete ihr „Sie haben Angst, dass Frauen sie auslachen könnten.“ Als sie eine Gruppe Frauen fragte, warum sich Frauen von Männern bedroht fühlten, war die Antwort „Wir haben Angst ermordet zu werden.“

Der Neurobiologe Gerald Hüther bezeichnet Männer übrigens als schwaches Geschlecht. Da auf dem X-Chromosom besonders viele Enzyme und Strukturproteine gespeichert sind, kann ein zweites X-Chromosom ein fehlerhaft kodiertes Strukturprotein auf dem einen X ausgleichen. Das ist nicht möglich, wenn es nur ein X-Chromosom gibt. Damit hat man mit einem Y-Chromosom von Geburt an bereits einen Nachteil – männliche Babys sind konstitutionell schwächer – den man dann im Leben auszugleichen versucht, mit demonstrativer Stärke zb. Die Art wie damit umgegangen wird, ist dann eine Frage der Sozialisierung.

Aber zurück zu den Philosophen. David Hume macht sich besonders Sorgen darüber, dass er ein Kind heranziehen könnte, das biologisch nicht das seine ist. Das wäre ja auch wirklich tragisch, wenn man ein Kind lieb gewinnen würde, das nicht der eigenen Manneskraft entsprang. Männer sollten nur für die Erhaltung und Erziehung ihrer eigenen Kinder Sorge tragen müssen! Und daher ist es wichtig die Frauen unter Kontrolle zu halten und ihnen wenigstens ein bisschen Schamgefühl einzuimpfen, wenn sie schon so liederliche Wesen sind von Natur aus. Er hat übrigens damals schon gewusst, dass die männliche Ehre mit der Sittsamkeit der Frauen verknüpft ist.

Aber das hatte er wahrscheinlich von den Römern. Die haben schon die weibliche Sittsamkeit mit der Familienehre und dem Staatswohl verknüpft. Das hat die Lucretia am eigenen Leibe erfahren. Die war ja ein Ausbund an Sittlichkeit, leider hat ihr Mann damit zu gern angegeben und das hat der Lucius Tarquinius Superbus als Herausforderung gesehen und sie vergewaltigt. Er hat ihr gedroht, wenn sie nicht mit ihm schläft, tötet er sie und einen Sklaven und legt sie nackt nebeneinander ins Bett. Das würden heute (und damals: Titus Livius) einige übrigens zum Anlass nehmen zu fragen, ob das überhaupt eine Vergewaltigung war. Jedenfalls hat Lucretia die Geschichte ihrem Mann und ihrer Familie erzählt und sich darauf selbst erdolcht. Ehre gerettet quasi.

Stefan: Die Frage, ab wann eine Vergewaltigung keine Vergewaltigung mehr ist, ist völlig absurd. Aber, dass man so eine Frage stellen kann, hat eine gewisse philosophische Tradition. Zumindest im Deutschen Denken. Fichte arbeitet sich ja in der Wissenschaftslehre an der Formel A = A (Ich bin ich) ab. Also daran, dass die Natur des Menschen das ist, was seinem Bewusstsein eine Identität gibt. Der „Ich bin“-Teil ist die Bedingung für den Vollzug der Identität jedes in Form von A = A Gedachten und fällt zugleich nicht darunter.

In der Gegenüberstellung von Ich und Welt abstrahiert Fichte vom empirischen Ich des Individuums, weil es nur die Vorstellung des ihm zugrundeliegenden Geistes, also des reinen Ichs ist. Ihm gelingt also eine Philosophie der Identität, die darin besteht das Ich durch Wegdenken zu erzeugen. Dieses Wegdenken der Individualität ist aber genau das, was das Denken der konkreten gesellschaftlichen Frau und ihrer Bedürfnisse unmöglich macht. Denn bei allem idealistischen Pathos ist Fichte halt nur ein Mann und sein Ich halt ein männliches. „Ich bin schlechthin, d.i. ich bin schlechthin, weil ich bin; und bin schlechthin, was ich bin; beides für das Ich.“ Aber dieses Männliche schleicht auch in weitaus weniger abstrakten Philosophien herum.

Ela: Hume meint jedenfalls, zwar haben die Männer auch die Pflicht sittsam zu sein, aber da ihr Interesse an fleischlichen Genüssen weniger stark ausgeprägt ist, als bei Frauen, muss für sie auch die moralische Obligation zur Sittsamkeit proportional schwächer sein.

Aber Rousseau muss natürlich dann noch ein Schäufelchen drauflegen und behauptet überhaupt: „Bei Männern ist es nur Betrug, bei Frauen ist es Verrat!!!!! 1!! 1“ Denn eine treuelose Frau zerstört Familie und natürliche Bindungen, indem sie ihrem Mann Kinder gebiert, die nicht seine eigenen sind.

Rousseau mag ich besonders, er sagt ja sinngemäß auch sowas wie: „Frauen kann man nur dazu bringen sich anständig zu verhalten, wenn man ihnen damit droht ihren Ruf zu zerstören, daher sollte man schon kleine Mädchen so erziehen, dass ihnen nix wichtiger ist als ihr guter Ruf!“

Stefan: Actually ist das eine sehr gute Zusammenfassung der gesamten Geschichte bisher.

Ela: Eine Frau muss Rousseau zufolge schwach und passiv sein, der Mann stark und aktiv, das ist eh wieder das alte Prinzip, kennen wir schon. Es reicht, wenn der Mann die Macht und den Willen hat, bei der Frau reicht es, wenn sie wenig Widerstand leistet. Das klingt überhaupt nicht rapey und war bestimmt nicht so gemeint. Die Frau hat also nur die Pflicht in seinen Augen gefällig auszusehen, weil ihr Charme ihre Stärke ist, während seine Stärke die Stärke ist, die sie in ihm erwecken soll, indem sie sich ihm ein bisschen widersetzt. Zurückhaltung ist also ein gottgegebenes Geschenk an die Frauen, das im Mann die Leidenschaft erwecken soll. Wenn sie sich entscheidet wirklich keinen Sex zu wollen, kann sie sich ja immer noch RICHTIG wehren.

Um zu garantieren, dass eine Frau aber treu ist, reicht es nicht, dass die Frau tatsächlich treu ist, sondern ihr Mann, ihre Freunde und am besten die gesamte Nachbarschaft muss ihr glauben, dass sie treu ist. Sie muss also sittsam, ergeben, zurückhaltend sein. Sie muss nicht nur ein reines Gewissen haben, sondern einen guten Ruf.

Stefan: Das erinnert aber schon sehr stark an heutige patriarchalische Zwangsgemeinschaften. Sind die iranischen Mullahs Rousseauianer?

Ela: Rousseau wäre stolz auf sie.

Stefan: Man könnte zum Eindruck kommen männliches Denken tue der weiblichen Selbstbestimmung oft nicht gut. Zumindest ein männliches Denken, das noch im Prozess der Emanzipation gefangen ist. Dieses Denken ist nicht abgeschlossen, fasst seine Gedanken nicht richtig, versteht die eigenen Begriffe, aber vor allem die eigenen Bedürfnisse nicht. Denn auch die großen Denker wollen guten Sex. Und so ist der sicher nicht zu haben. Wenn Frauen nur Dinge der Verfügung sein sollen. Und Kitzler von Testikeln dominiert werden. Man könnte fast sagen, bei allem Starken und Klugen was diese Männer gedacht haben, waren sie doch letztlich hilflos. Sie waren hilflos, weil sie in Klischees von Frauen gefangen waren, die ihnen durch Religion, Sitte und Moralismus auferlegt waren und sie zu schwach waren diese zu durchschauen.

Man kann das auch stärker formulieren: Überall da, wo Männer ungestört denken, werden Frauen missverstanden. Überall, wo religiöse Männer bestimmen, wird Frauen Gewalt angetan.

Aber es gibt natürlich auch weit über den Kosmos der reaktionär-religiösen Speibmänner hinaus Feinde der Frauen. Was auch wieder bisschen was mit der Bandenherrschaft vom Tyler Durden zu tun hat.

Die Wunschvorstellung von der Auflösung des Staates zugunsten von patriarchalischen Sippengemeinschaften verbindet Anarchopunks mit Islamisten. Deshalb tun sich die linken Jungmänner oft leichter den obrigkeitshörigen AKP-Fan zu verstehen („Der ist halt wütend wegen der strukturellen Diskriminierung.“) als den demokratischen israelischen Staat („Imperialismus“) anzuerkennen.

Der unreflektierte Hass auf das staatliche Gewaltmonopol und die seltsamen Querfronten die daraus entstehen, sind sicherlich im Zusammenhang damit zu sehen, was diese Männer miteinander verbindet. Ihr Wunsch ohne Eingreifen einer Schlichtungsstelle Gewalt ausüben zu können. Die Kommunarden haben es von linker Seite vorgemacht.

Rainer Langhans, der die Damen die mit ihm für die Freiheit in einer lebenslangen Gemeinschaft gelebt haben, bis heute offen als „Harem“ bezeichnet. Oder Otto Mühl, der im Namen der Freiheit von staatlicher Gewalt Zweierbeziehungen ablehnte und dann 1991 „wegen Sittlichkeitsdelikten, Unzucht mit Minderjährigen bis hin zur Vergewaltigung, Verstößen gegen das Suchtgiftgesetz und Zeugenbeeinflussung“ zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.

Das ist die Freiheit, die sie meinen. Das ist der Grund, warum sie sich in absoluter Konkurrenz zum Staat sehen und das ist, was sie mit den Islamisten und Paternalisten dieser Welt verbindet. Nämlich, dass immer, wenn sie ihre Hoden auspacken wollen, ihnen der Staat eine mit den riesigen Staatshoden drübergibt und sie auf die stille Treppe schickt. Das ertragen sie nicht.

Du hast mal in einer Scherzwut so einen wunderbaren Satz über manche Männer gesagt:

„Diese scheiss autoritären Idioten, die nicht einmal besonders gescheit sind.“

Ich hab das als sehr befreiend empfunden.

Ela: Es gibt da diese oage Kurzgeschichte von der Nöstlinger. Da geht ein Typ in Pension und sitzt dann deppat im Wohnzimmer herum und beobachtet seine Frau bei der Hausarbeit. Und nach ein paar Tagen erklärt er ihr, dass sie ur viele Umwege macht und sie könnte total viele Schritte sparen, wenn sie ein wenig anders gehen würde.

Stefan: Das beschreibt irgendwie auch das Verhältnis von Religion zu Frauen. Gott beobachtet und stellt fest: Frauen sind zu aufreizend gekleidet und lässt ihnen das über seine beauftragten Männer mitteilen.

Ela: Gott erschafft also Frau, um ihr dann auszurichten: „Du Schlampn, zieh dir was an!“

Stefan: … und die stehen dann an der Straßenecke und sitzen in den Cafés und lassen die Frauen das spüren und zeigen durch sexuelle Gewalt permanent die Grenzen auf.

Ela: Weil sie der Meinung sind, dass Frauen keine gleichwertigen Personen sind, dass man die (wie früher Kinder und Tiere) bissl schlagen muss, damit sie sich benehmen.

Stefan: Wir sind ja Erben der Griechischen Philosophie. Also unser aufgezeichnetes Denken beginnt mit Homer und da sind schon interessante Parallelen zu heutigen patriarchalischen Denkmustern drin. Der Perikles sagt in der Überlieferung vom Thukydides „Am größten ist der Ruhm der Frau, von der bei den Männern in Lob und Tadel am wenigsten die Rede ist.“ Also die Frau hat, wie im Scharia Recht, keinen Platz in der Öffentlichkeit. Nur das es bei den Griechen zumindest Priesterinnen gab und Philosophinnen, die durften dann sogar beim Festmahl dabei sein. Die Frau des Hauses übrigens nicht. Aber das ist dann auch wieder so eine Ideologie, die alles mit den Hoden lösen will. Also sicher wieder was von einem Philosophen, oder?

Ela: Die Frauen in Athen sind gesetzlich ja Kinder geblieben und waren immer unter männlicher Vormundschaft. Frauen konnten ohne Aufsicht nicht das Haus verlassen. Die haben sogar in einem eigenen abgetrennten Teil des Hauses gelebt. Unter Solon blieben Athenerinnen selbst nach der Heirat unter der Kontrolle ihres Vaters. Athener durften übrigens keine Athener als Sklaven verkaufen, es sei denn es handelte sich um Vater und Tochter und zweitere hatte vor der Ehe ihre Unschuld verloren.

Apropos. Schopenhauer hält Frauen für eine Zwischenstufe zwischen Kind und ausgewachsenem Mann. Ein Mann ist nobel und gar perfekt, er reift erst später als die Frau, denn je nobler und perfekter ein Ding ist, desto langsamer und später erreicht es seine Reife. Von Reife kann man aber eigentlich bei der Frau gar nicht sprechen, denn sie bleibt ein Leben lang ein großes Kind. Sie verfügt über nur rudimentär vorhandenen Scharfsinn. Sie ist geradezu intellektuell kurzsichtig, sie hat ein begrenztes Blickfeld, sie denkt weder an die Vergangenheit, noch an die Zukunft. Zwar besitzt sie die Hauptelemente die einen rechtschaffenen Charakter ausmachen, dafür fehlt es ihr an sekundären Qualitäten die bei der Formation eines solchen Charakters benötigt werden. Dies führt dazu, dass sie keinen Sinn für Gerechtigkeit hat, weil es ihr an Verstand und Bedacht fehlt.

Da hauts den Schopenhauer dann wieder ein wenig auf die Goschn, weil dann behauptet er, dass Frauen deshalb auf List, Heuchelei und Täuschung zurückgreifen müssen. Wenn sie aber mental so einfach gestrickt sind, dann verwundert es doch recht stark, wie sie mit ihrem kaum vorhanden Verstand zur List überhaupt fähig sein sollen. Aber das lässt sich bestimmt wieder mit dem Sextrieb des Mannes erklären, der seinen Verstand trübt, der auch dazu führt, dass Frauen, die laut Schopenhauer mit ihrer Kleinwüchsigkeit, ihren schmalen Schultern, den breiten Hüften und kurzen Beinen, eigentlich das unästhetische Geschlecht genannt werden sollten, trotzdem als das schöne Geschlecht gelten. Es fehlt ihnen an rein objektivem Interesse an der Kunst, an der Poesie, Musik… Ihr Interesse ist reine Simulation, es beschränkt sich darauf, durch ihr Interesse das Interesse eines Mannes an ihnen zu erwecken. Dies, und nicht, dass ihnen der Zugang zu diesen Bereichen verwehrt blieb, ist der Grund, weshalb im Laufe der Geschichte kaum Kunstwerke berühmter Künstlerinnen bekannt wurden.

Stefan: Kunst von Frauen ist immer aktiv unterdrückt worden. Also selbst wenn sie sich künstlerisch betätigt haben, sieht man in vielen Einzelbiographien dann, wie ihre Männer sie nicht wertschätzen und behindern. Die Vereinbarkeit von Familie und künstlerischer Tätigkeit steht oft im Vordergrund. Es gibt mehrere überlieferte Ehegelübde von heute noch bekannten Künstlern, die beinhalten, dass sich ihre Frauen gefälligst nicht zu sehr der Kunst widmen sollen. Gustav Mahler empfand es als Selbstverständlichkeit, dass seine Frau Alma, ihre eigene Kompositionstätigkeit aufzugeben hat. Malerinnen wie Charlotte Andri-Hampel, Gattin von Maler Ferdinand Andri, und Doris Engelhart, Gattin von Maler Josef Engelhart, stellten nach der Verehelichung ihre künstlerische Tätigkeit ein. Schopenhauer hatte ja keine Frau. Der hat mit Pudeln fraternisiert.

Ela: Aber Schopenhauer ist da noch nicht einmal der Schlimmste, was seine Meinung über Frauen anbelangt. Den Vogel schießt Otto Weininger mit dem fettesten Incel-Manifest aller Zeiten ab, das er 1903 veröffentlichte, bevor er Selbstmord beging, „Geschlecht und Charakter“. Weininger war überzeugt, dass „jede einzelne Zelle eine Sexualität besitzt“. Dies sah er etwa in der „Tatsache“ bestätigt, dass bei einer Bluttransfusion das Blut durch „Blut eines gleichgeschlechtlichen Wesens“ ersetzt werden muss. Weininger geht davon aus, dass Emanzipationsbedürfnis und –fähigkeit einer Frau davon abhängt, wie viele Anteile Männlichkeit sie besitzt. Unter Emanzipation versteht er den „Wille(n) eines Weibes, dem Manne innerlich gleich zu werden, zu seiner geistigen und moralischen Freiheit, zu seinen Interessen und seiner Schaffenskraft zu gelangen“, denn all dies liegt weder in den Bedürfnissen, noch in der Fähigkeit der Frauen. Doch nicht nur hat die Frau, die zur Emanzipation fähig ist, zu viele männliche Anteile, sie nähert sich auch körperlich dem Mann an.

Eine homosexuelle Frau ist Weininger zufolge männlicher und damit höherstehender als eine heterosexuelle Frau. Homo-, mindestens aber Bisexualität ist bei Weininger Grundbedingung für Frauen mit zumindest „nur einigermaßen in Betracht kommender Begabung“. Seine Theorie, dass Schriftstellerinnen Männernamen annahmen, weil sie sich als Männer fühlten, nicht, weil sie dadurch eher ernst genommen wurden, ist fast so amüsant, wie jene Schopenhauers über die Unfähigkeit der Frau zur Kunst. Weiningers Pamphlet ist ein einziger Zirkelschluss. Es beginnt mit der Annahme Frauen seien nicht zur Emanzipation bestimmt und endet mit dem Fazit: weil Frauen nicht zur Emanzipation bestimmt sind. Das Emanzipationsbedürfnis von Frauen begründet er mit den Männlichkeitsanteilen jener Frauen mit Emanzipationsbedürfnis, was er versucht mit der Sexualität, und/oder Physiognomie von willkürlich ausgewählten, ihm durch Promiklatsch geläufigen und für eine Frau begabt erscheinenden, Künstlerinnen und Autorinnen zu belegen. Die einzige Möglichkeit wie Weininger gleichzeitig rechthaben und trotzdem diesen logischen Fehlschluss publizieren konnte, ist, dass er zu viele weibliche Anteile in sich trug.

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Richard B. Godfrey (1728 – N/A), Public domain, via Wikimedia Commons

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